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Compliance in der Lieferkette

Vorsicht beim Handel mit Materialien aus Konfliktgebieten

Die aktuelle  Debatte zum möglichen Lieferkettengesetz macht deutlich, dass Unternehmen in Zukunft damit rechnen müssen, ihre Lieferketten stärker zu überwachen. Nach einer repräsentativen Umfrage von Infratest Dimap spricht sich die Mehrheit der Bürger für ein Lieferkettengesetz, insbesondere zur Stärkung der Menschenrechte, aus. Darüber hinaus tritt am 1. Januar 2021 das „Mineralische-Rohstoffe-Sorgfaltspflichten-Gesetz“ in Kraft. Was in den USA bereits seit Juli 2010 mit dem „Dodd Frank Act“ in vergleichbarer Weise geregelt ist, basiert auf der EU-Verordnung 2017/821.

Ziel des Gesetzes bzw. der EU-Verordnung ist es, den Handel mit Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Hochrisiko- und Konfliktgebieten zu unterbinden, um die Finanzierung von bewaffneten Konflikten und Zwangsarbeit einzudämmen. Diese Materialien werden als sogenannte Konfliktmineralien bezeichnet und sind beispielsweise in einer Vielzahl von Produkten für die Fahrzeugherstellung enthalten. Dazu zählen unter anderem die Bordelektronik, Audiogeräte, Klimaanlagen, Brennstoffzellen, Sensoren, Verzahnungen, Schaltkreise, Scheibenwischersysteme, Sicherheitsgurte, Kraftstoffpumpen, Kraftstofftanks, Dichtungsmittel, Verkabelungen, Kühler und sogar die Sitzpolster.

Um die mit dem Ziel der Verordnung verbundene Compliance entlang der Lieferkette zu verbessern, unterliegen sogenannte Unionseinführer zukünftig umfassenden Organisations-, Nachweis-, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten. Die Definition, wer als Unionseinführer gilt, findet sich in Artikel 2 Buchstabe I) der EU-Verordnung: Danach ist ein EU-Importeur eine natürliche oder juristische Person, die Minerale oder Metalle zur Überführung in den zollrechtlich freien (europäischen) Verkehr anmeldet oder in deren Auftrag eine solche Anmeldung abgegeben wird. Darüber hinaus werden zusätzlich Raffinerien und Hütten verpflichtet.

Typischerweise müssen sich neben Maschinenbauunternehmen insbesondere Unternehmen aus der Automobilbranche mit den neuen Anforderungen beschäftigen. Durch die Verpflichtung des EU-Importeurs sind große Automobilkonzerne gleichermaßen betroffen wie kleine Zulieferer.

Die verpflichteten Unternehmen werden zukünftig ein betriebliches Managementsystem etablieren müssen, das in der Lage ist, im Rahmen des Einkaufs eine Rückverfolgbarkeit der Materialien zu gewährleisten. Hierfür ist eine personelle Zuständigkeit festzulegen. Zudem muss ein Risikomanagementsystem vorhanden sein, das in der Lage ist, Frühwarnindikatoren zu identifizieren. Daraus ergibt sich eine besondere Bedeutung der vollständigen Dokumentation sämtlicher mit der Lieferkette im Zusammenhang stehenden Prozesse. Denn diese Dokumentation werden die Importeure zukünftig benötigen, um die Einhaltung ihrer Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem ebenfalls neu begründeten Prüfungsrecht Dritter nachweisen zu können. Derartige Prüfungen können sich auf alle Tätigkeiten, Prozesse und Systeme beziehen, die der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette dienen. Darüber hinaus besteht auch gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde eine entsprechende Offenlegungspflicht.

Schließlich sind Unionseinführer verpflichtet, jährlich und möglichst öffentlich (zum Beispiel  im Internet) über ihre Strategien zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht in der Lieferkette und ihre Verfahren im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Beschaffung dieser vier Materialien zu berichten.

Die Aufsichtsbehörde kann bei Pflichtverstößen ein Zwangsgeld von bis zu 50.000 Euro verhängen.

Im Übrigen kann das Mineralische-Rohstoffe-Sorgfaltspflichten-Gesetz auch als Vorbote des derzeit in der Bundesregierung diskutierten Lieferkettengesetzes gesehen werden. Mit einem solchen Lieferkettengesetz steht die Absicht in Verbindung, zur Bekämpfung von Zwangs- und Kinderarbeit oder zum Schutz von Umwelt und Gesundheit die Verpflichtung für deutsche Unternehmen gesetzlich zu regeln und für den Schutz noch im Detail zu definierender Rechte entlang der Lieferkette Sorge zu tragen. In der Regierungskoalition sind derzeit insbesondere die Unternehmensgröße – also ab welcher Mitarbeiteranzahl ein Unternehmen unter das Lieferketten fallen soll – sowie die Haftungsfrage  streitig. Das Thema gewinnt auch durch die aktuelle gesellschaftliche Diskussion über Ethik, Moral und Verantwortung in der Lieferkette zunehmend an Bedeutung.

Praxishinweis

Aufgrund des nicht zu unterschätzenden Implementierungsaufwandes sollten sich Unternehmen aus den genannten betroffenen Branchen zeitnah auf die neuen gesetzlichen Verpflichtungen vorbereiten. Gern unterstützen unsere Compliance- und Risikomanagementexperten Sie bei diesen Aufgaben. Sprechen Sie uns an!

 

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