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Beratungspraxis Unternehmenssteuern


Darlehen des GmbH-Gesellschafters in der Krise

Die wirtschaftlichen Belastungen aus der COVID-19 Pandemie halten viele Unternehmen auch weiterhin unvermindert in Atem. Neben bilanziellen Sanierungsmaßnahmen und Verlustverrechnungsmöglichkeiten auf Unternehmensebene gewinnt in diesem Zusammenhang auch die steuerliche Behandlung von Finanzierungshilfen des GmbH-Gesellschafters, insbesondere in Form von Darlehen oder Bürgschaften, an zusätzlicher Relevanz. Die steuerliche Berücksichtigung des Ausfalls solcher privater Finanzierungshilfen war in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand diverser finanzgerichtlicher Entscheidungen und gesetzlicher Änderungen, zuletzt durch das Jahressteuergesetz 2020. Bedarf die GmbH der Unterstützung durch den Gesellschafter in Form von Gesellschafterdarlehen oder Bürgschaften, so stellt sich für diesen die Frage, ob und wie ein eventueller Ausfall des Darlehens oder eine Inanspruchnahme der Bürgschaft zumindest steuerwirksam wird.

Darlehensverluste als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung

Mit Wirkung für Veräußerungen ab dem 31. Juli 2019 wurde die Regelung des § 17 Absatz 2a Einkommensteuergesetz (EStG) eingeführt, wonach neben offenen oder verdeckten Einlagen (also Eigenkapital) auch Darlehensverluste (also Gesellschafter-Fremdkapital) zu den nachträglichen Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung zählen, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt nach der Vorschrift regelmäßig vor, wenn ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte.

Mit Einfügung des § 17 Absatz 2a EStG hat der Gesetzgeber auf die zwischenzeitliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) (Urteil vom 11.7.2017, IX R 36/15) reagiert, wonach eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts (MoMiG) am 1. November 2008 – unter Berücksichtigung eines von der Finanzverwaltung akzeptierten Vertrauensschutzes bis 27. September 2017 – nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung berücksichtigt werden konnten. Mit der Regelung des § 17 Absatz 2a EStG will der Gesetzgeber für steuerliche Zwecke im Ergebnis die Rechtslage vor MoMiG wiederherstellen. Ist der Anwendungsbereich des § 17 Absatz 2a EStG eröffnet, das heißt liegt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor (s.o.) und bestand innerhalb der letzten fünf Jahre eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung in Höhe von mindestens 1% an der Gesellschaft, ist es nunmehr (wieder) zulässig, Verluste aus der Uneinbringlichkeit des Gesellschafterdarlehens im Zeitpunkt der Veräußerung der GmbH-Beteiligung oder Liquidation der GmbH in Höhe von 60% (Anwendung des Teileinkünfteverfahrens) für einkommensteuerliche Zwecke geltend zu machen. Auf gesonderten Antrag des Steuerpflichtigen kann die Neuregelung auch auf Veräußerungen vor dem 31. Juli 2019 Anwendung finden.

Verlustberücksichtigung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen

Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 17 Absatz 2a EStG kann für Verluste aus nach dem 31. Dezember 2008 gewährten Finanzierungshilfen des Gesellschafters grundsätzlich eine Berücksichtigung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen erfolgen (§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7, Satz 2 EStG). Bestand dabei eine Beteiligung an der GmbH von mindestens 10%, konnten die Darlehensverluste bislang zu 100% geltend gemacht werden. Im Falle einer Beteiligung von weniger als 10% war der Verlust hingegen der tariflichen Besteuerung entzogen und unterlag stattdessen dem Regime der Abgeltungsteuer. In der Folge findet bei GmbH-Beteiligungen von weniger als 10% auch die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2020 eingeführte einschränkende Regelung des § 20 Absatz 6 Satz 6 EStG Anwendung, wonach Darlehensverluste nur bis zur Höhe von 20.000 Euro mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen. Nicht verrechnete Verluste sind entsprechend vorzutragen und dürfen je Folgejahr ebenfalls nur in Höhe von 20.000 Euro mit anderen Kapitaleinkünften verrechnet werden, was im Ergebnis zu einer nicht unerheblichen zeitlichen Streckung der steuerlichen Geltendmachung der Darlehensverluste führen kann.

Das Konkurrenzverhältnis der oben genannten Vorschriften zur Berücksichtigung von Verlusten aus Gesellschafterdarlehen im Privatvermögen, insbesondere ein etwaiger Vorrang des § 17 Absatz 2a EStG (sogenannte Sogwirkung) ist derzeit strittig. Geht man bei Vorliegen der Voraussetzungen von einem Vorrangverhältnis aus, wäre eine Verlustberücksichtigung in Form von nachträglichen Anschaffungskosten zeitlich erst bei Verwirklichung eines Veräußerungstatbestands möglich. Eine Verlustberücksichtigung im Rahmen der Kapitaleinkünfte nach § 20 Absatz 2 EStG kann hingegen bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei Uneinbringlichkeit der Gesellschafterforderung oder ggf. auch nach Anteilsübertragung erfolgen, wenn das Gesellschafterdarlehen nicht mitveräußert wurde.

Einschränkung der Verlustberücksichtigung durch das JStG 2020

Die Frage der Anwendung bzw. des Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Vorschriften gewinnt umso mehr an Bedeutung, als mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2020 eine weitere Einschränkung der Berücksichtigung von Darlehensverlusten des GmbH-Gesellschafters in das Einkommensteuergesetz aufgenommen wurde. Nach einer Anpassung des § 32d Absatz 2 Nummer 1b Satz 1 EStG, die auf Missbrauchsgestaltungen zielt, ist die tarifliche Besteuerung und damit eine 100%-ige Verlustverrechnung in Zukunft regelmäßig auch dann ausgeschlossen, wenn die GmbH-Beteiligung im Privatvermögen mindestens 10% beträgt. Diese Fälle unterliegen künftig ebenfalls dem Regime der Abgeltungsteuer mit der Folge, dass auch insoweit eine zeitliche Streckung der Verluste entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen zu erfolgen hat (das heißt maximale Verlustverrechnung mit anderen Kapitaleinkünften in Höhe von 20.000 Euro pro Jahr).

Hinsichtlich der Anwendung der Neuregelung gilt insoweit ein Übergangszeitraum, als für Verluste aus Gesellschafterdarlehen, deren Rechtsgrundlage vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde, zunächst weiterhin die bisherige Rechtslage anzuwenden ist. Erst bei Uneinbringlichkeit des Darlehens ab dem Veranlagungszeitraum 2024 findet dann auch für diese „Altfälle“ die einschränkende Verlustverrechnung im Rahmen der Abgeltungsteuer Anwendung. Wird von einem grundsätzlichen Vorrang des § 17 EStG (mit 60%-iger – also prozentual begrenzter Berücksichtigung etwaiger Verluste) ausgegangen, so stellt sich die Frage des Anwendungsbereichs von § 20 EStG – mit absolut begrenzter und demnach deutlich eingeschränkter Verlustberücksichtigung. Zu denken ist aber etwa an folgende Fälle:

  • Der Ausfall eines Darlehens, soweit die Gewährung oder das Stehenlassen nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst war oder die Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten der Höhe nach beschränkt ist (sogenannte stehengelassene Darlehen),
  • bei einem Darlehensverzicht oder bei einer Abtretung des Darlehens, soweit der nicht werthaltige Teil der Darlehensforderung betroffen ist,
  • bei einem nicht von § 17 EStG erfassten Darlehensverlust eines nur mittelbar beteiligten Gesellschafters.

Letzterer Fall betrifft das sogenannte Holding-Modell. Dieses wurde diskutiert mit dem Ziel, den Anwendungsbereich des § 17 EStG zu meiden und in den bisher günstigeren Anwendungsbereich des § 20 EStG zu gelangen. Bei diesem Modell wird die Beteiligung an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft von einer Holding-Gesellschaft gehalten, an welcher der private Darlehensgeber eine (maßgebliche) Beteiligung innehat. Bei einer nur mittelbaren Beteiligung führen Darlehensverluste nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne des § 17 Absatz 2a EStG, weil Finanzierungsmaßnahmen in diesen Fällen nicht durch das Gesellschaftsverhältnis mit der unmittelbaren Beteiligungsgesellschaft veranlasst sind. Mit der Neuregelung des § 20 Absatz 6 EStG in Verbindung mit der Änderung von § 32d EStG ist das Holding-Modell bei einer Darlehensgewährung nach dem 31. Dezember 2020 nun nicht mehr empfehlenswert.

Das Zusammenspiel der einschlägigen Vorschriften zur Geltendmachung von Verlusten aus dem Ausfall von Finanzierungshilfen des Gesellschafters sowie der diesbezüglichen Anwendungsvorschriften ist offensichtlich sehr komplex und unübersichtlich. Die Experten von Warth & Klein Grant Thornton beraten Sie gerne zu den diesbezüglichen Handlungsoptionen bzw. Gestaltungsmöglichkeiten.

 

Aktuelle Beratungshinweise - kurz notiert

  • Änderung § 302 AktG durch das SanInsFoG / Handlungsbedarf bei Alt-EAV: Durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 wurde der Wortlaut des § 302 Absatz 3 Satz 2 AktG angepasst. Die Regelung enthält nunmehr einen Verweis auf den neu eingeführten Restrukturierungsplan, was zur Folge hat, dass Alt-EAVs ohne dynamischen Verweis auf § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung auf einen möglichen Anpassungsbedarf geprüft werden sollten.
  • Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Absatz 4a EStG (BMF-Schreiben vom 18.01.2021): Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 3. Dezember 2019 sind außerbilanzielle Korrekturen bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns für Zwecke des Schuldzinsenabzugs nach § 4a Absatz 4a EStG nicht zu berücksichtigen. Dies hat zur Folge, dass eine steuerfreie Investitionszulage das Entnahmepotenzial erhöht, während nicht abzugsfähige Betriebsausgaben das Entnahmepotenzial mindern. Die Finanzverwaltung hat sich nun der BFH-Rechtsprechung angeschlossen, erlaubt aber auf Antrag eine Berücksichtigung von außerbilanziellen Hinzurechnungen letztmals für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2021 begonnen haben.
  • Finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft aufgrund umwandlungssteuerrechtlicher Rechtsnachfolge (FG Hessen vom 14.5.2020 - 4 K 412/19): Nach einem (Zwischen-)Urteil des Finanzgerichts (FG) Hessen liegt die für eine ununterbrochene Fortführung der Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung zum neuen Organträger (übernehmender Rechtsträger) bei rückwirkender Verschmelzung auch dann vor, wenn der Übertragungsstichtag nicht mit dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft identisch ist. Nach Auffassung des FG ist das Einkommen in diesem Fall auf den alten und den neuen Organträger aufzuteilen (Revision anhängig: BFH I R 21/20).
  • Unterjähriger Anteilstausch nach § 21 UmwStG und rückwirkende Begründung der finanziellen Eingliederung (FG Düsseldorf vom 29.9.2020 - 6 K 2704/17 K): Nach Auffassung des FG Düsseldorf kann bei einem Anteilstauschs im Sinne des § 21 UmwStG eine Organschaft bei einer unterjährigen Einbringung auch im laufenden Jahr begründet werden. Zwar sei ein Anteilstausch nicht mit steuerlicher Rückwirkung möglich. Nach Auffassung des FG sei der Übernehmer aber der umwandlungssteuerrechtliche Rechtsnachfolger des Übertragenden und trete in dessen Fußstapfen (Revision anhängig: BFH I R 40/20).

 

 

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