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Beratungspraxis Unternehmenssteuern

Unser Thema im Januar 2022: "Earn-out-Zahlungen bei Veräußerung von Mitunternehmeranteilen"

Steuerliche Rückwirkung in den Veranlagungszeitraum der Veräußerung oder Versteuerung erst bei Zufluss?

Bei der Veräußerung von Anteilen an Personengesellschaften werden nicht zuletzt in den aktuell wirtschaftlich eher unsicheren Zeiten vielfach neben einem festen Kaufpreis auch variable Kaufpreisbestandteile vereinbart. Diese können beispielsweise an die Entwicklung von Umsatz oder Gewinn in den Jahren nach der Anteilsübertragung gekoppelt sein. Dies mindert das Risiko des Erwerbers, ermöglicht aber gleichzeitig auch dem Veräußerer, einen höheren Preis durchzusetzen. Solche variablen Kaufpreisbestandteile werden als Earn-Out-Zahlungen bezeichnet.

Vor diesem Hintergrund ist nun zu beobachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Veräußerungsgewinn grundsätzlich auf den Zeitpunkt zu ermitteln ist, in dem er entstanden ist. Hierbei handelt es sich regelmäßig um den Zeitpunkt, in dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an dem veräußerten Mitunternehmeranteil auf den Erwerber übergegangen ist. Die Zahlungsmodalitäten sowie ein tatsächlich späterer Zufluss des Kaufpreises sind demgegenüber unbeachtlich.

Nicht abschließend ist nun geklärt, zu welchem Zeitpunkt vorstehend gekennzeichnete Earn out-Zahlungen steuerlich zu erfassen sind. Insoweit ist fraglich, ob diese zu einer nachträglichen Änderung des Kaufpreises führen und mithin im Veräußerungszeitpunkt steuerlich zu erfassen sind oder aber erst im Jahr des tatsächlichen Zuflusses. In der Praxis kann dies einen bedeutenden Unterschied machen, da diese Earn-Out-Zahlungen oftmals erst einige Jahre nach der Veräußerung dem Veräußerer zufließen.

Hinsichtlich rein umsatz- beziehungsweise gewinnabhängiger Kaufpreisabreden vertritt der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, dass diese regelmäßig in späteren Veranlagungszeiträumen zu erfassenden laufenden Gewinn darstellen. Eine Rückwirkung auf den Veräußerungszeitpunkt ist daher nicht gegeben. Zu klassischen Earn-Out-Klauseln, die betraglich „gedeckelt“ sind, hat sich der BFH bisher noch nicht geäußert.

Jedoch hatte sich aktuell das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit seinem Urteil vom 30. März 2021 (Aktenzeichen 5 K 2442/17) mit dieser Frage, wann Earn-Out-Zahlungen zu versteuern sind, zu befassen.

Sachverhalt im Urteilsfall

Vereinfacht dargestellt, verkaufte die Muttergesellschaft (M-KG; Klägerin) ihren 100%-Kommanditanteil an der Tochter-GmbH & Co. KG (T-KG) an eine fremde Dritte GmbH als neu eingetretenen Kommanditisten.

Neben einem festen Kaufpreis wurde ein zusätzliches variables Entgelt als Earn-Out-Zahlung vereinbart, das jedoch nur bei Überschreitung einer vorher festgelegten erzielten Rohmarge in den folgenden drei Geschäftsjahren zur Auszahlung kommt. Bei Erreichung einer festgelegten Obergrenze der Rohmarge wurde der Earn-Out auf einen Maximalbetrag gedeckelt. Bei Unterschreitung der erzielten Rohmargenuntergrenze erhält der Verkäufer kein zusätzliches variables Entgelt. Da in den Folgejahren die Rohmargenuntergrenze jeweils überschritten wurde, war die Vertragsbedingung des variablen Entgeltes erfüllt, welches ausbezahlt und in dem jeweiligen Veranlagungszeiträumen als laufende Einkünfte auf Ebene der M-KG erfasst wurde. Nach dem Urteilssachverhalt wurden diese Zahlungen offenbar nicht im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung auf Ebene der veräußerten Mitunternehmerschaft erfasst. Hingegen wurde ausschließlich der feste Veräußerungspreis unstrittig im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der T-KG für das Veräußerungsjahr erklärt und der M-KG als Veräußerer beziehungsweise als ausgeschiedenem Mitunternehmer zugerechnet.

Die später erfolgende Betriebsprüfung qualifizierte die Earn-Out-Zahlungen als rückwirkendes Ereignis auf den Veräußerungszeitpunkt und erwirkte somit eine Änderung der bisherigen gesonderten und einheitlichen Feststellung der T-KG.

Ein entsprechender Einspruch des Veräußerers mit der Begründung, dass die Earn-Out-Zahlungen als Kaufpreisraten erst mit Zufluss realisiert würden und somit erst im Zuflusszeitpunkt als laufender Gewinn erfasst werden dürfen, wurde von der Finanzverwaltung mit dem Hinweis abgewiesen, dass zwischen der „gedeckelten“ Earn-Out-Klausel und einem gewinn- beziehungsweise umsatzabhängigen Kaufpreisbestandteil zu unterscheiden sei.

Während gewinn- beziehungsweise umsatzabhängige Kaufpreisbestandteile als laufender Gewinn der Besteuerung beim Veräußerer ohne Rückbeziehung auf den Veräußerungszeitpunkt unterliegen, ist im Verfahrensfall des FG Rheinland-Pfalz die Earn-Out-Klausel als variables Entgelt auf einem Maximalbetrag gedeckelt. Die Finanzverwaltung geht somit von einem Gesamtkaufpreis aus, der grundsätzlich über die Earn-Out-Klausel nach unten angepasst werden kann. Somit scheide eine Teilhabe an der positiven Entwicklung des veräußerten Unternehmens aus, was im Vergleich zu umsatz- beziehungsweise gewinnabhängigen Entgelten ein rückwirkendes Moment habe.

Hiergegen hat die Klägerin Klage beim FG Rheinland-Pfalz erhoben, das die Klage als begründet ansieht und wie folgt geurteilt hat.

Gewinn- und umsatzabhängige Kaufpreisabreden stellen eine Ausnahme von der stichtagsbezogenen Betrachtungsweise auf den Veräußerungszeitpunkt dar, da sie im Veräußerungszeitpunkt noch nicht „realisiert“ sind. Das Realisationsprinzip erfordert, dass die (Kaufpreis-)Forderung auch wirtschaftlich entstanden ist und der Veräußerer hiermit rechnen kann. An dieser Realisierung mangelt es bei rein umsatz- und gewinnabhängigen Kaufpreisbestandteilen unter Berücksichtigung der Unwägbarkeiten der allgemeinen künftigen Entwicklung des jeweiligen Unternehmens.

Im Vergleich zur „gedeckelten“ Earn-Out-Klausel äußerte sich das FG folgendermaßen, dass diese ebenfalls als umsatzabhängige Kaufpreisabrede zu behandeln ist, da diese sowohl dem Grund und der Höhe nach vom Umsatz abhängt. Die Deckelung mache - entgegen der Annahme der Finanzverwaltung - keinen Unterschied, da die Vergütung weder dem Grunde noch der Höhe nach sicher ist. Somit ist der Earn-Out erst im Zuflusszeitpunkt zu versteuern. Eine Rückbeziehung als rückwirkendes Ereignis auf den Veräußerungszeitpunkt scheidet daher aus.

Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Bedeutung dieses Sachverhalts hat das FG die Revision zugelassen, die auch beim BFH (Aktenzeichen IV R 9/21) eingelegt wurde. Das Verfahren ist derzeit noch anhängig und die Entscheidung bleibt abzuwarten.

In jedem Fall bedürfen Vertragsgestaltungen zur Veräußerung von Mitunternehmeranteilen, die variable Kaufpreiskomponenten enthalten sollen, einer sorgfältigen Prüfung und Gestaltung im Hinblick auf ihre zeitlichen, aber auch sachlichen Steuerfolgen. Wir beraten Sie im Bedarfsfall gerne.

 

Kurzhinweise

Nachversteuerung von ausgeglichenen oder abgezogenen Verlusten aus Anteilen an Kommanditgesellschaften: Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 30. September 2021 (Aktenzeichen 14 K 717/19 F) entschieden, dass keine Nachversteuerungspflicht im Sinne des § 15a Absatz 3 Satz 3 EStG aufgrund einer Haftungsminderung besteht, sofern die Haftungsminderung nicht isoliert erfolgt, sondern im Rahmen der Veräußerung eines Kommanditanteils und im Gegenzug das Haftkapital der Erwerberin um den gleichen Betrag erhöht wird. Wirtschaftlich kam es lediglich zu einer Haftungsverschiebung. Die Revision beim BFH wurde von Seiten des FG zugelassen, jedoch nicht eingelegt.

Übergang von vortragsfähigen Gewerbesteuer-Verlusten einer GmbH auf eine atypisch stille Gesellschaft: Gemäß dem Urteil vom 5. November 2021 (Aktenzeiche 14 K 2364/21 G, F) hat das FG Münster entschieden, dass die vortragsfähigen Gewerbeverluste einer GmbH auf eine atypisch stille Gesellschaft übergehen, soweit die GmbH an ihr beteiligt ist, da laut Ansicht des FG kein Unternehmerwechsel vorliegt. Die Revision beim BFH wurde von Seiten des FG zugelassen und unter dem Aktenzeichen IV R 25/21 eingelegt. Die Entscheidung des BFH bleibt daher abzuwarten.

Umwandlungssteuer - Ausschluss der Buchwertfortführung bei Spaltungen als Missbrauchsvermeidungsvorschrift (im Sinne des § 15 Absatz 2 Satz 3 und 4 UmwStG): Gemäß seiner aktuellen Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 11. August 2021 (Aktenzeichen I R 39/18) klargestellt, dass die Versagung der Buchwertfortführung gemäß § 15 Absatz 2 Satz 3 UmwStG keine eigenständige Missbrauchsvorschrift darstellt, sondern nur zusammen mit Satz 4 eine einheitliche Missbrauchsvorschrift bildet. Der Ausschluss der Buchwertfortführung wird daher nur untersagt, wenn nach Satz 3 durch Spaltungen die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden sowie nach Satz 4 innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 Prozent der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden.

 

 

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