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Bundesnetzagentur: Eigenkapitalzinssätze weiter gesunken

Im Rahmen der Bestimmung von Erlösobergrenzen für Strom- und Gasnetzbetreiber in Deutschland beschließt die Bundesnetzagentur (BNetzA) turnusmäßig für die jeweils kommende fünfjährige Regulierungsperiode die kalkulatorischen Eigenkapitalzinssätze gemäß den Vorgaben der Netzentgeltverordnungen (§ 7 Absatz 4, 5 StromNEV/GasNEV). Diese „EK-I-Zinssätze“ sind eine wesentliche Komponente der regulierten Entgelte, die deutsche Netzbetreiber für die Durchleitung von Strom und Gas von den Endkunden verlangen. Die Zinssatzfestlegungen der BNetzA stoßen daher stets über die Energiebranche hinaus auf breites öffentliches Interesse.

Für die in den Jahren 2023 (Gas) bzw. 2024 (Strom) beginnende vierte Regulierungsperiode hatten die betroffenen Unternehmen bis zum 25. August 2021 Zeit, am Konsultationsverfahren teilzunehmen. In ihrem Beschluss vom 12. Oktober 2021 hat die Bundesnetzagentur nunmehr einen Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen von 4,13% (für Neuanlagen, nach Steuern) ermittelt.

Dieser Ansatz bedeutet gegenüber der Zinsfestlegung für die derzeit laufende dritte Regulierungsperiode in Höhe von 5,64% (für Neuanlagen, nach Steuern) einen Rückgang von rund 1,5 Prozentpunkten. Ursächlich ist dieser Rückgang zunächst insbesondere im Basiszinssatz, der gemäß § 7 Absatz 4 StromNEV/GasNEV als 10-Jahresdurchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Jahreswerte der Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten zu berechnen ist. Dieser Durchschnittswert ist im anhaltenden Niedrigzinsumfeld mittlerweile von 2,49% auf 0,74% gesunken. Auch die von der Bundesnetzagentur angesetzte Marktrisikoprämie (MRP) liegt noch einmal unter dem Ansatz für die dritte Regulierungsperiode. Die Bundesnetzagentur hat bei der Ableitung der Marktrisikoprämie unverändert auf sehr langfristige historische Durchschnittswerte einer internationalen Studie abgestellt.

Spannend bleibt in diesem Zusammenhang auch, ob und inwieweit die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Stärkung der Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur zumindest mittelfristig einen Einfluss auf die Festsetzungen für die kommenden Regulierungsperioden haben wird. Für die anstehende vierte Regulierungsperiode hat die Bundesnetzagentur diesbezügliche Fragestellungen in ihrem Beschluss zumindest adressiert. Aufgrund dessen, dass es noch an den erforderlichen Umsetzungsnormen im nationalen Recht fehle, sieht die Bundesnetzagentur, insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit, gegenwärtig die Befugnis, in der Übergangszeit die bisherigen normativen Vorgaben zur Anwendung zu bringen.

Praxishinweis

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