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Gemeinnützigkeitsrecht

Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch

Der neue Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO, Stand Januar 2022) enthält – in Anlehnung an höchstrichterliche Rechtsprechung – wichtige Ausführungen zu Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, zum zulässigen Umfang der politischen Tätigkeit sowie zu Kooperationen zwischen Non-Profit-Organisationen (NPO).

Eigengesellschaften der öffentlichen Hand

Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung kam eine Steuerbegünstigung der Eigengesellschaften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht in Betracht, da die Eigengesellschaft keine vordergründig eigennützigen Interessen ihres Gesellschafters vertrat. Nunmehr hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) diese Interpretation aus dem AEAO gestrichen. Es wird allerdings weiterhin gefordert, dass die von der Eigengesellschaft erbrachten Leistungen angemessen zu vergüten sind. Das Entgelt muss marktüblich sein und regelmäßig – mit Ausnahme bei gemeinnützigen Eigengesellschaften – einen angemessene Gewinnaufschlag beinhalten.

Das BMF stellt ausdrücklich klar, dass eine solche Gesellschaft als gemeinnützig anerkannt werden kann, wenn sie in die Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben eingebunden ist und somit den Interessen der Trägerkommune dient. Der AEAO nennt als Beispiel für eine solche Konstellation den bodengebundenen Rettungsdienst.

Angemessenes Geschäftsführergehalt

Bei überhöhten Vergütungen an die Geschäftsleitung im Gemeinnützigkeitskontext droht eine Fehlverwendung. Der AEAO enthält nun erstmals Prüfungskriterien zu diesem Thema. Grundsätzlich ist ein Fremdvergleich wie bei der Prüfung der verdeckten Gewinnausschüttung erforderlich. Die Vergütung kann

  • mit den Entgelten verglichen werden, die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer der betreffenden NPO beziehen (interner Fremdvergleich) oder
  • mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen (Branche, Größe, Mitarbeiterzahl, Umsatz und persönliche Qualifikation) an Geschäftsführer anderer gemeinnütziger Körperschaften gezahlt werden (externer Fremdvergleich). Maßstab des externen Fremdvergleichs können auch die Vergütungen sein, die gewerbliche Unternehmen für vergleichbare Tätigkeiten zahlen.

Die obere Angemessenheitsgrenze der zulässigen Bandbreite darf nicht um mehr als 20 Prozent überschritten werden.

Politische Tätigkeit von NPO

Die Finanzverwaltung übernimmt die Grundsätze mehrerer Entscheidungen zur politischen Tätigkeit von gemeinnützigen Körperschaften aus den Jahren 2019 bis 2021. Das BMF wendet damit die Urteile zu BUND, Attac und zuletzt zu Corona-Leugnern allgemein an. Dies bedeutet Folgendes:

  • Wenn sich eine NPO kritisch mit der Politik im Allgemeinen befasst, stellt dies keinen gemeinnützigen Zweck dar.
  • Eine Förderung des demokratischen Staatswesens ist nur dann gegeben, wenn sich die NPO umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral in geistiger Offenheit würdigt.
  • Steuerbegünstigte Zwecke können auch durch politische Betätigung verwirklicht werden. Dafür wird jedoch eine objektive und sachliche Darstellung der eigenen Meinung und eine im Vergleich zur sonstigen Tätigkeit untergeordnete Rolle vorausgesetzt.

Über die BFH-Urteile hinaus geht der Erlass der Finanzverwaltung, indem er es für rechtlich unbedenklich erklärt, wenn sich eine gemeinnützige Organisation außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen äußert. Als Beispiel nennt die Finanzverwaltung den Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus.

Kooperationen von NPO

Seit dem 1. Januar 2021 können Servicegesellschaften (zum Beispiel die Wäscherei eines Pflegeheims) als gemeinnützig anerkannt werden. Bisher forderte die Finanzverwaltung eine Angabe in der Satzung der Servicegesellschaft, mit welchen NPO sie kooperieren wird. Unklar blieb, ob diese namentlich oder lediglich abstrakt in der Satzung genannt werden müssen.

Die Finanzverwaltung hat nun klargestellt: Bei mehreren Kooperationspartnern – beispielsweise bei einer Kooperation innerhalb eines Unternehmensverbunds – muss lediglich der Konzern in der Satzung namentlich benannt werden. Die Namen der einzelnen Kooperationspartner können dagegen separat in einer Aufstellung aufgelistet werden. Diese Liste ist der Finanzverwaltung bei Beginn der Kooperation zusätzlich zur Satzung vorzulegen. Änderungen der Kooperationspartner sind dem Finanzamt zu melden. Dies ist eine nicht unerhebliche Erleichterung, da – zumindest innerhalb eines Konzerns – nicht mehr bei jedem neuen Auftrag die Satzung geändert werden muss.

Zudem gesteht der AEAO den NPO zu, dass ein wirksamer Organbeschluss bereits ausreichend für die erforderlichen Satzungsänderungen ist. Nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtung muss nicht auf die  für die zivilrechtliche Wirksamkeit erforderliche Eintragung der Satzungsänderung im Register der kooperierenden Körperschaft gewartet werden. Allerdings muss für die gemeinnützige Körperschaft, die sich auf § 57 Absatz 3 der Abgabenordnung beruft und weitere Körperschaften in den Kreis der „planmäßig satzungsmäßig zusammenwirkenden Kooperationspartner“ einbeziehen will, eine entsprechende Satzungsänderung im Register eingetragen sein.