Nach den aktuellen Informationen des International Business Report (IBR), der weltweiten Umfrage von Grant Thornton unter mittelständischen Unternehmen, sind die Unternehmensleiter bei ihren künftigen Investitionsabsichten vorsichtig. In der zweiten Jahreshälfte 2022 waren die Investitionspläne im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 leicht rückläufig. Die Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiter sind um 2% auf 53% gesunken, die Forschungs- und Entwicklungspläne sind um vier Punkte auf 51% zurückgegangen und die Investitionen in Technologie um 3% auf 57%.

Dass einige Unternehmen angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten vorsichtiger sind, ist zwar verständlich, doch die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen ihre Investitionen in Kompetenzen, Forschung und Entwicklung und Technologie beibehalten, zeigt, dass sie weiter vorankommen wollen. Unternehmen, die während des derzeitigen wirtschaftlichen Drucks weiterhin gezielt investieren, werden wahrscheinlich besser positioniert sein, um Werte zu erhalten und zu wachsen, sobald die wirtschaftliche Unsicherheit nachlässt.

Weltweite Investitionen in Technologie, Forschung und Entwicklung und Qualifikation in den letzten fünf Jahren

„Es ist selten sinnvoll, während einer Konjunkturabschwächung Investitionen zurückzustellen. Das größere Risiko für Unternehmen besteht darin, dass Sie am Ende der unsicheren Zeit hinter Ihren Konkurrenten zurückbleiben könnten.  Unternehmer verpassen dann auch möglicherweise die Gelegenheit, neue Einnahmequellen zu erschließen“, erklärt Oupa Mbokodo, Head of advisory von Grant Thornton Südafrika (SNG Grant Thornton).

„Es ist zwar wichtig, an Liquidität festzuhalten, aber ebenso wichtig ist eine solide Investitionsstrategie für ein Unternehmen. Sie müssen den Markt verstehen, in dem Sie tätig sind, die Konjunkturzyklen kennen und genau wissen, unter welchen Umständen Ihr eigenes Unternehmen erfolgreich sein kann.“

Verbessern sich die wirtschaftlichen Bedingungen, sind diejenigen Unternehmen am besten für das Wachstum positioniert, die vorausschauend planen und über die unmittelbaren Herausforderungen hinaus auf die sich bietende Chancen blicken können. Unternehmen müssen sich auf die Zukunft konzentrieren, damit sie auf lange Sicht nachhaltig bleiben. Vor diesem Hintergrund kann Innovation zu höherer Produktivität und neuen Märkten führen, was sich wiederum positiv auf die Gesamtwirtschaft auswirkt, den sozialen Einfluss des Unternehmens verbessert und der Umwelt zugute kommt, sofern es nachhaltig geschieht. 

Claire Scott, Partner, Grant Thornton Australien, betont: „Viele mittelständische Unternehmen stehen erst am Anfang ihrer ESG-Maßnahmen. Noch sind wir nicht an dem Punkt, an dem die Nachhaltigkeit eines Unternehmens seine Attraktivität für Investitionen wesentlich beeinflusst, aber wir bewegen uns sicherlich in diese Richtung. Wenn es aber soweit ist, wird das relativ schnell gehen, nicht zuletzt, weil zukünftige regulatorische Änderungen zu einem ein Umdenken führen werden.“

„Dies geschieht bereits mit dem 'sozialen' Element der ESG. Viele Mandanten, mit denen wir zusammenarbeiten, setzen sich aktiv für Vielfalt und Integration ein und tun mehr, um verschiedene Gruppen in der Gesellschaft zu unterstützen. Mit der richtigen Vorgehensweise ist dies nicht nur das Richtige, sondern kann auch die Entscheidungsfindung verbessern, die Produktivität steigern und das Unternehmen für Investoren attraktiver machen.“

Produktivität bleibt schwer fassbar, aber Unternehmen mit der richtigen Strategie werden Wege finden, sich weiterzuentwickeln.

In den letzten Jahren wuchs die Produktivität in vielen Industrieländern nur schleppend. Wie das Weltwirtschaftsforum zeigt, hat sich die Digitalisierung für einige Unternehmen als Durchbruch erwiesen, [i] obwohl nicht alle Unternehmen von den digitalen Investitionen profitieren konnten. Neue Technologien, darunter auch KI, können bestimmten Unternehmen durchaus neuen Auftrieb geben, dabei ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, diejenigen Bereiche zu identifizieren, die sich am meisten auf die Produktivität auswirken.[ii]

Ian Pascoe, CEO und Managing Partner von Grant Thornton Thailand, sagt: „In den letzten 20 Jahren hat das weltweite Produktivitätswachstum praktisch stagniert. Es war entweder zum Stillstand gekommen, oder, noch schlimmer, ist sogar zurückgegangen. Und das in einer Zeit, in der wir einige der größten technologischen Veränderungen aller Zeiten erlebt haben, in der wir stärker vernetzt sind als je zuvor, und dennoch hat dies nicht zu einem Anstieg der Produktivität geführt. Unternehmen, die in diese Bereiche investieren, müssen sich genau überlegen, wie sich dies auf die Produktivität auswirkt, denn bisher haben sich die Hoffnungen der Unternehmer oft nicht erfüllt.

„Unternehmen müssen sich unbedingt mit Technologie befassen und prüfen, wie ihnen Investitionen einen Vorsprung vor ihren Wettbewerbern verschaffen können. Dabei müssen sie auch kritisch hinterfragen, was diese Technologie bringt und wie sie sich auf die Produktivität auswirkt.“

Investitionen in Technologie haben für die Wirtschaftsführer mit 57% weiterhin Priorität, während Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiter mit 53% an zweiter Stelle stehen. Investitionen in Sachanlagen werden von vielen Firmen als nicht wesentlich angesehen (44%), während Investitionen in neue Gebäude mit 36% der Unternehmen ganz unten auf der Liste stehen (Rückgang von 40% im ersten Halbjahr 2022).

Shona O’Hea, Partner, Grant Thornton Irland, führt weiter aus “Mittelständische Unternehmen sind bei Investitionen in Technologie sehr viel versierter geworden. Vor wenigen Jahren bestand mehr Interesse an groß angelegten Umstellungen und der Anschaffung umfangreicher Software, die als Allheilmittel zur Lösung aller Probleme des Unternehmens verkauft wurde. Seither haben die Unternehmen viel über den Einsatz von Technologie gelernt und nutzen dieses Wissen, um die neuesten Entwicklungen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotik, maschinelles Lernen und virtuelle Realität besser nutzen zu können.

„Mittlerweile haben die Führungskräfte erkannt, dass sich nicht alles auf Knopfdruck erledigen lässt. Es wird also mehr abgewogen, bevor man sich auf große technologische Veränderungen einlässt, deren Umsetzung Jahre dauern kann. Da die Investitionen in die Technologie viel gezielter erfolgen, erhalten die Unternehmen damit einen Mehrwert bei geringeren Kosten.“

Schlechter Zugang zu Liquidität bleibt ein echtes Problem

Nach den neuesten Daten von Grant Thornton haben sich die Befürchtungen von Unternehmensleitern über einen Mangel an Finanzmitteln im vergangenen Jahr etwas abgeschwächt, aber für viele bleibt dies eine echtes Problem. Knapp die Hälfte (47%) der Unternehmensleiter nannte den fehlenden Zugang zu Liquidität als Hindernis für ihr Wachstum, verglichen mit 50% in der zweiten Hälfte des letzten Jahres.

Weltweiter Anteil der Unternehmen mit Problemen beim Zugang zu Liquidität (Daten aus dem Zeitraum der letzten 11 Jahre)

Mit dem Anstieg der Zinssätze in verschiedenen Märkten finden sich Geschäftsführer und Finanzvorstände in einer ungewohnten Situation wieder. Jahrelang war es für Unternehmen relativ einfach, an Geld zu kommen. Doch mit den höheren Zinssätzen hat sich das Modell geändert, und auch die Risikokosten sind gestiegen, sagt Ian Pascoe, CEO und geschäftsführender Partner von Grant Thornton Thailand.

„Unternehmen mit schlechter Performance werden scheitern, weil sie keinen Zugang zum Kreditmarkt haben, weil das Risiko einfach zu hoch ist. Die Firmen müssen also die Grundlagen richtig angehen. Dazu müssen die Businesspläne geprüft und sichergestellt werden, dass aus ihnen hervorgeht, wie robust sie sind.

Ist die Inflation erst wieder unter Kontrolle, werden die Zentralbanken der fortgeschrittenen Volkswirtschaften die Realzinsen wahrscheinlich wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückführen. Der IWF geht davon aus, dass die jüngsten Erhöhungen der Realzinsen wahrscheinlich nur vorübergehend sind.[iii] Aber das ist für die Wirtschaftsführer derzeit nur ein schwacher Trost. Weltweit sehen knapp 12% der Unternehmen die Zinssätze und die Finanzierung als erhebliche Bedrohung an. Diese Herausforderung erschwert die Investitionsbestrebungen der Unternehmen angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit, der Ereignisse im Bankensektor und der hartnäckigen Inflation weiterhin, so dass sie sorgfältig planen müssen, damit sie für Investoren so attraktiv wie möglich sind.

Prozentualer Anteil der Unternehmen, die Zinsen und Finanzierung als erhebliche Bedrohung sehen, nach Region

Kalpana Balasubramanian, CEO und Vordenker von Grant Thornton dGTL erklärt: „Wenn es um die Finanzierung von Investitionen geht, ist von den Unternehmer ein wenig mehr in die Breite denken als bisher gefordert. So haben beispielsweise viele Banken Zielvorgaben für nachhaltige Finanzierungen aufgestellt, die sie zu erfüllen versuchen. Gleichzeitig haben sowohl Risikokapitalfonds als auch Private-Equity-Fonds Kriterien entwickelt, die ESG-Kennzahlen beinhalten. Für Unternehmen, die nachweisen können, dass sie bestimmte Nachhaltigkeits- oder Sozialkriterien erfüllen, stehen möglicherweise Mittel zur Verfügung. Unternehmen, die nachweisen können, dass sie auf lange Sicht nachhaltig sind, haben leichter Zugang zu Finanzmitteln.

Roy Nicholson, Principal, Grant Thornton US, sagt: „Es ist absolut richtig, dass Unternehmer angesichts der heutigen Herausforderungen einen nochmaligen Blick auf ihren Betrieb werfen und über die zu tätigenden Investitionen nachdenken müssen, um gestärkt in die Zukunft zu gehen. Tatsächlich sollten Unternehmen diese Entscheidungen jedoch laufend treffen und ständig versuchen, Wege zu finden, um effizienter zu arbeiten und diese Kosteneffizienz nutzen können, um in Zukunft innovativ zu sein.“

Es muss eine kontinuierlicher Entwicklungsprozess sein. Die Unternehmen müssen sich die Denkweise des Mittelstands und ihren Unternehmergeist zu Nutze machen und sich auf die kontinuierliche Verbesserung ihrer Prozesse und ständige Innovationen konzentrieren. Unternehmen, die das erreichen und den richtigen Plan aufstellen, mit dem sie den Herausforderungen der anhaltenden Inflation, der steigenden Kosten und des Fachkräftemangels gewachsen sind, werden auch wachsen, wenn sich die Märkte zu erholen beginnen.

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i. www.weforum.org - Digitalization needs to be targeted to boost productivity - new research - 25.04.23
ii. www.weforum.org - Growth hotspots: Harnessing the generative AI revolution - 03.05.23
iii. www.imf.org - Interest Rates Likely to Return Toward Pre-Pandemic Levels When Inflation is Tamed - 10.04.23