Erfahren Sie, wie Sie inflations- und zinsbedingte Verwerfungen Ihres Verrechnungspreissystems erkennen und korrigieren können.

Die in den vergangenen Monaten sprunghaft gestiegene Inflation und die dadurch ausgelöste Zinswende verändern die Rahmenbedingungen für bestehende Verrechnungspreismodelle. Steigende Zinsen, Kosten und Preise können dazu führen, dass Verrechnungspreismodelle, die bislang gut funktionierten, nun betriebswirtschaftlich unerwünschte Ergebnisse liefern und eine fremdübliche Gewinnaufteilung im Konzern nicht mehr sicherstellen. Internationale Unternehmensgruppen haben daher dringenden Handlungsbedarf, ihre Verrechnungspreismodelle auf mögliche Verwerfungen hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Zinswende

Die steigenden Zinsen wirken sich direkt auf konzerninterne Finanztransaktionen aus und können einen unmittelbaren Korrekturbedarf auslösen.

Darlehensgeber, die festverzinsliche Darlehen ausgereicht haben, sehen sich im aktuellen Zinsumfeld einem steigenden Refinanzierungsrisiko gegenüber. Zugleich dürften die Ausfallrisken weiterhin zunehmen. Dagegen sehen sich Darlehensnehmer mit variabel verzinsten Darlehen einem stetig wachsenden Risiko steigender Zinsen ausgesetzt. Gleichzeitig führt eine vorzeitige Rückzahlung und Neuaufnahme mit fixem Zinssatz zu erheblich steigenden Fremdkapitalkosten. Hier stellt sich insbesondere die Frage, ob eine zeitnahe Aufnahme zu einem fixen Zinssatz oder eine Aufnahme mit variablem Zinssatz im aktuellen Zinsumfeld die bessere Alternative ist. Auf den Märkten ist daher eine erhöhte Unsicherheit bei gleichzeitigen Erwartungen an ein langfristig hohes Zinsniveau zu erkennen.

Darlehensgeber mit vertraglichen vereinbartem Sonderkündigungsrecht haben im aktuellen Zinsumfeld die Möglichkeit, bestehende niedrigverzinste Darlehen mit fixem Zinssatz zu einem höheren Zinssatz fremdüblich neu zu vergeben. In der Praxis ist diese Optionsgestaltung jedoch eher selten, sodass Darlehensgeber von Bestandsdarlehen mit fixem Zinssatz momentan einem erheblichen Zinsänderungsrisiko ausgesetzt sind.

Auch die Neuvergabe konzerninterner Darlehen unterliegt diesen Unsicherheiten und Herausforderungen in Hinblick auf eine kosteneffiziente und risikooptimale Zinsgestaltung. In jedem Fall sind Optionsgestaltungen, die dem Darlehensnehmer eine vorzeitige Rückzahlung ermöglichen, im aktuellen Zinsumfeld sehr werthaltig. Aus Verrechnungspreissicht stellt sich die Frage, ob solche Optionsgestaltungen separat zu vergüten sind.

Des Weiteren ist für die fremdübliche Ausgestaltung von Finanzierungsstrukturen in einem Hochzinsumfeld vermehrt die Schuldentragfähigkeit des Darlehensnehmers von Bedeutung. Unter gegebenen Umständen bedingt die Zinswende eine höhere Zinslast. Neben der fremdüblichen Zinshöhe sollte daher verstärkt die Frage nach der fremdüblichen Höhe der aufgenommenen konzerninternen Verbindlichkeiten in den Blick genommen werden. In einem Umfeld steigender Zinsen empfiehlt sich daher aus Verrechnungspreissicht eine umfassende Schuldentragfähigkeitsanalyse. Fremdfinanzierungsquoten, die auf einem Niedrigzinsumfeld basierten, können unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr realisierbar sein und grundsätzliche Änderungen in der Finanzierungsstruktur erfordern.

Cash Pool Vereinbarungen standen im Niedrig- beziehungsweise Nullzinsumfeld nicht im Fokus der Finanzbehörden. In einem Umfeld steigender Zinsen gewinnen diese Vereinbarungen für die fremdübliche Gewinnabgrenzung im Konzern jedoch wieder an Bedeutung, sowohl mit Blick auf die vereinbarten Zinssätze als auch auf die Fristigkeiten der Aufnahmen und Ausleihungen aus dem Cash Pool und die Allokation des Koordinationsgewinns unter den Teilnehmern des Cash Pools. Bestehende Cash Pool Systeme sollten daher jetzt überprüft werden, um nicht fremdübliche Gewinnverteilungen zu vermeiden.

Inflationsbedingte Verwerfungen des Verrechnungspreissystems erkennen und korrigieren

Aus der derzeit herrschenden Inflation resultieren für verschiedene Unternehmensgruppen ganz unterschiedliche Folgen. Während die einen unter Kostensteigerungen leiden, können die anderen höhere Absatzpreise durchsetzen. Aber auch wenn sich beide Effekte ausgleichen und das Konzernergebnis kaum beeinflusst wird, können sich bei den einzelnen Gesellschaften der Gruppe im bestehenden Verrechnungspreismodell wesentliche Auswirkungen ergeben.

Besonders betroffen sind kostenbasierte Verrechnungspreismodelle sowie auch Netto- und Bruttomargenmodelle, wie sie typischerweise zwischen einem Entrepreneur und einer Routinegesellschaft umgesetzt werden. So erfolgt die Vergütung eines Auftragsfertigers (Routinegesellschaft) regelmäßig anhand der Vollkosten zuzüglich eines Gewinnaufschlags. Bei steigenden Kosten erhält dieser zwar weiterhin denselben prozentualen Gewinnaufschlag. Der absolute Gewinn kann jedoch wesentlich ansteigen und zu Verlusten beim Entrepreneur führen. Eine Vertriebseinheit mit begrenzten Risiken (Routinegesellschaft) erhält oftmals eine Ziel-Nettomarge. Ein Umsatzanstieg aufgrund steigender Preise erhöht auch hier den absoluten Gewinn der Routinegesellschaft auf Kosten des Entrepreneurs. Abhängig von der jeweiligen Ausgestaltung des Verrechnungspreismodells und den konkreten Effekten der Inflation können sich diese Auswirkungen aber auch umkehren.

Praxishinweis

Derartige Gewinnsituationen zeigen nicht nur ein verzerrtes Bild der betrieblichen Leistung, sondern dürften auch von den Finanzverwaltungen dahingehend beanstandet werden, dass die Verrechnungspreismethoden entweder nicht geeignet sind oder nicht sachgerecht angewendet wurden. Die bestehenden Verrechnungspreismodelle sollten daher auf mögliche Verwerfungen aufgrund der aktuellen Entwicklungen hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Das Transfer Pricing Team von Grant Thornton in Deutschland unterstützt Sie bei der Analyse Ihres Verrechnungspreissystems. Sprechen Sie uns an!