In den vergangenen beiden Navigatoren haben wir bereits zwei Phasen eines systematischen Umgangs mit Nachhaltigkeit im Unternehmen vorgestellt: zum einen die Nachhaltigkeitsstrategie und damit verbundene Themen, zum anderen das Nachhaltigkeitsmanagement. Anknüpfend daran stellt dieser Artikel die dritte Phase vor: die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Systematisch mit Nachhaltigkeitsthemen umgehen

Wie bereits in den vergangen beiden Branchen-Navigatoren vorgestellt, haben wir den Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen in vier Kategorien eingeteilt. Sie sind als aufeinanderfolgende Phasen interpretierbar. Auf den (1) strategischen Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen folgt die Einbettung der Themen in ein (2) Nachhaltigkeitsmanagement. Auf dieser Basis beruht die (3) Berichterstattung über Nachhaltigkeit, die aktuell sehr stark von aufkommenden regulatorischen Anforderungen geprägt wird. Darüber hinaus gibt es verschiedene (4) Anwendungsfälle von Nachhaltigkeit, etwa Themen aus dem Bereich Sustainable Finance wie ESG-Rating-Readiness oder Sustainable Bonds. Nach Beiträgen zum Umgang mit Nachhaltigkeit auf strategischer Ebene sowie zum Nachhaltigkeitsmanagement beleuchtet dieser Beitrag die Nachhaltigkeitsberichterstattung.


Quelle: Grant Thornton Germany

Von der Kür zur Pflicht

Lange Zeit war die Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen für Unternehmen in Deutschland und Europa eine freiwillige Übung. Die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) wurde 2017 durch das CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in deutsches Recht überführt. Seitdem müssen große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden eine sogenannte nichtfinanzielle Erklärung oder einen nichtfinanziellen Bericht veröffentlichen. Darin müssen sie unter anderem über Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, die Achtung der Menschenrechte oder die Bekämpfung von Korruption und Bestechung berichten.

Jenseits dieser verpflichtenden Angaben gibt es zahlreiche Standards oder Rahmenwerke für Nachhaltigkeitsberichterstattung, die auf freiwilliger Basis, auf Basis von Selbstverpflichtungen oder durch besondere Vorschriften – etwa für öffentliche Unternehmen – Anwendung finden. Vor allem die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) nutzt eine große Zahl an Unternehmen – auch jenseits der NFRD-Anwendenden. Für Deutschland ist zudem der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) zu nennen. Hinzukommen beispielsweise die branchenorientierten Standards des Sustainability Accounting Standards Boards (SASB), die mittlerweile – wie verschiedene andere Standards und Rahmenwerke – in den Standards des International Sustainability Standards Board (ISSB) der IFRS Foundation aufgegangen sind. Auch das Framework der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) ist in deren Entwicklung eingeflossen. Zu diesem unübersichtlichen Set an Rahmenwerken und Standards gesellen sich Selbstverpflichtungen wie die sogenannte Communication on Progress (CoP), der die Mitglieder des United Nations Global Compact (UNGC) jährlich unterliegen – oder viele weitere.

Das Inkrafttreten der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU ändert die Ausgangslage für Unternehmen in der EU (und sogar für Drittstaaten-Unternehmen mit wesentlicher EU-Tätigkeit) nun drastisch. Die CSRD wird ab dem Geschäftsjahr 2024 schrittweise einen deutlich größeren Anwenderkreis zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichten als bisher. Allein in Deutschland wird das rund 15.000 Unternehmen betreffen. Nach den bereits von der NFRD betroffenen Unternehmen verpflichtet die CSRD (ab 2025) auch sämtliche großen Unternehmen, (ab 2026) kapitalmarktorientierte KMUs und schließlich (ab 2028) auch Nicht-EU-Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zum Reporting.

Nicht nur der Anwendungskreis wird stark erweitert, auch die zu berichtenden Inhalte gehen deutlich über das bekannte Maß hinaus. Diese richten sich nach den eigens entwickelten European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Neben zwei Standards zu allgemeinen Anforderungen bzw. allgemeinen Angaben, die für alle Unternehmen gleichermaßen gelten, enthalten die ESRS zehn themenbezogene Standards – darunter fünf zu Umweltthemen, vier zu Sozialthemen und einen zu Governance-Themen. Deren Anwendung richtet sich allerdings danach, ob die zugehörigen Themen vom Unternehmen im Rahmen einer (verpflichtend vorgesehenen) Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich identifiziert wurden.

Hierzu gilt das Grundprinzip der doppelten Wesentlichkeit, das zwei Sichtweisen einbezieht. Die Inside-out-Perspektive betrachtet, inwieweit ein Unternehmen in einem bestimmten Themenbereich Auswirkungen auf sein Umfeld (Umwelt, Gesellschaft etc.) hat. Die Outside-in-Perspektive bezieht sich darauf, ob sich aus dem Themenbereich Risiken oder Chancen mit potenziellen finanziellen Effekten für das Unternehmen ergeben können. Wenn ein Thema entweder aus der Inside-out- oder aus der Outside-in-Perspektive (oder aus beiden) als wesentlich gilt, ist es auch im Sinne der ESRS wesentlich und ist somit bei der Berichterstattung zu beachten.

Die Berichtsinhalte sind künftig verpflichtend in den Lagebericht der Unternehmen einzubinden. Hinzukommen eine verpflichtende externe Prüfung mit begrenzter Sicherheit sowie eine Erstellung im elektronischen Format (ESEF). Es liegt auf der Hand, dass dieses anspruchsvolle Gesamtpaket zahlreiche Unternehmen vor große Herausforderungen stellt – insbesondere, wenn zuvor noch keine Berichterstattung (auf freiwilliger oder verpflichtender Basis) stattgefunden hat. Denn zunächst sind intern die zugrundeliegenden Strukturen zu schaffen. So sind Verantwortlichkeiten zu klären, Informationsquellen zu identifizieren, Prozesse zu definieren. Häufig braucht es zudem Systemunterstützung. Auch die strategische Einbettung sowie das Management der entsprechenden Nachhaltigkeitsthemen spielen für die Berichterstattung eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt, weil auch dazu verschiedene Angaben zu machen sind.

Verknüpfung mit der Finanzberichterstattung

Die so geschaffenen Strukturen müssen belastbar sein. Denn die EU sieht vor, dass Nachhaltigkeitsberichterstattung und Finanzberichterstattung künftig gleichwertig sind. Diese beiden Bereiche greifen auch inhaltlich immer stärker ineinander. Wie erwähnt, sind potenzielle finanzielle Auswirkungen ein Kriterium zur Einschätzung der Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsinformationen. Eine weitere direkte Verbindung der beiden Bereiche zeigt sich im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung. Diese verpflichtet alle Unternehmen, die auch im Anwendungsbereich der NFRD bzw. CSRD liegen, anzugeben, welche Anteile ihrer Umsätze, Investitionsausgaben (CapEx) oder Betriebsaufwendungen (OpEx) mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten im Sinne der Taxonomie verbunden sind.

Die Kriterien zur Bestimmung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten entstammen ebenfalls der EU-Taxonomie. Dazu muss eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele der Taxonomie leisten. Diese umfassen (1) Klimaschutz, (2) Anpassung an den Klimawandel, (3) Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, (4) Stärkung der Kreislaufwirtschaft, (5) Verringerung der Umweltverschmutzung sowie (6) Schutz der biologischen Vielfalt. Zugleich darf es nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung („Do no significant harm“) der anderen fünf Ziele kommen. Zusätzlich sind die sogenannten Mindestschutzkriterien zu erfüllen, die die Einhaltung sozialer Mindeststandards sicherstellen sollen (z. B. anhand der Internationalen Charta der Menschenrechte oder der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte). Dann gilt eine Wirtschaftsaktivität als taxonomiekonform und somit als ökologisch nachhaltig im Sinne der Taxonomie.

Auch die Taxonomie erhöht also die Compliance-Anforderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (und -steuerung) der Unternehmen weiter. Für deutsche Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden kommen mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sogar noch weitere Anforderungen hinzu. Ab 2024 müssen sie verschiedene Maßnahmen implementieren, um die Einhaltung bestimmter Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten zu überwachen. (Für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden gilt dies bereits seit 2023.) Auch hieraus erwächst eine weitere Berichtspflicht, denn eine jährliche Berichterstattung ist beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einzureichen. Mit der noch final zu verabschiedenden Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) der EU zeichnen sich weitere Veränderungen ab: Die Anforderungen zur Lieferkettenüberwachung werden sogar noch einmal erweitert – sowohl in der Breite und Tiefe der inhaltlichen Anforderungen als auch mit Blick auf den Anwenderkreis.

Herausforderung und Chance

Die externe Nachhaltigkeitsberichterstattung wandelt sich aktuell von einer für viele rein freiwilligen Angelegenheit zu einer komplexen compliance-getriebenen Aufgabe. Sie bringt zahlreiche regulatorische Anforderungen mit. Die aufkommenden Verpflichtungen stellen viele Unternehmen – vor allem erstmalig berichtende – vor große Herausforderungen. Doch zugleich können sie auch eine Chance bedeuten. Denn sie können ein wichtiger Anstoß für die nachhaltige Transformation und somit für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen und ihren Geschäftsmodellen sein.

Gern beantworten wir Ihre Fragen rund um die Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, weiteren Anforderungen wie die EU-Taxonomie oder das LkSG sowie zum Zusammenspiel von Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung. Wir unterstützen Sie dabei, den passenden Ansatz für Ihr Unternehmen zu finden und zu implementieren.