Der Erfolg einer Unternehmensübertragung hängt von verschiedenen Aspekten ab, die optimal aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein tragfähiges Konzept zu ergeben. Wir stellen aktuelle Trends vor, die Sie bei der Nachfolgeplanung unbedingt beachten sollten.
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Eine gelungene Unternehmensnachfolge, also die Übertragung des selbst geschaffenen Unternehmens oder des seit Generationen bestehenden Familienunternehmens auf die nächste Generation, gilt weithin als Krönung des unternehmerischen Lebenswerkes. Von dem Gelingen hängen der Fortbestand und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens ab.

Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge wiederum hängt von verschiedenen Aspekten ab, die optimal aufeinander abgestimmt sein müssen, um ein tragfähiges Konzept zu ergeben. Es gilt, wirtschaftliche, rechtliche, persönliche und nicht zuletzt auch steuerliche Aspekte abzuwägen. Die zuletzt genannten steuerlichen Rahmenbedingungen unterliegen einem stetigen Wandel durch Gesetzgeber, Rechtsprechung und Finanzverwaltung und sind an Komplexität nicht zu unterschätzen. Hierzu stellen wir nachfolgend Themen vor, die aktuell von großer Praxisrelevanz sind:

Betriebsvermögensbegünstigungen vor dem BVerfG

Vielfach wird darauf hingewiesen, die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) zu den Begünstigungen von Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften stünden – einmal mehr – auf dem Prüfstand durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Unter dem Aktenzeichen 1 BvR 804/22 ist tatsächlich eine Verfassungsbeschwerde anhängig zu der Frage, ob die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Betriebsvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften nach den Vorschriften des ErbStG (§§ 13a, 13b, 13c, 19, 19a, 28a ErbStG) mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Anlass ist ein Fall, auf den die genannten Vorschriften keine Anwendung finden, weil sich im Nachlass ausschließlich Privatvermögen (Wertpapiere und Immobilien) befand. Wichtig: Hierzu muss man wissen, dass es sich bei diesem Verfahren um eine Nichtzulassungsbeschwerde handelt, das heißt es geht lediglich um die Nichtzulassung der Revision durch den Bundesfinanzhof (BFH). Über die Verfassungsmäßigkeit der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln wird in dem aktuell anhängigen Verfahren vor dem BVerfG nicht entschieden werden. Anders sieht es dagegen in dem vom Freistaat Bayern angestrengten Normenkontrollverfahren aus, durch welches das ErbStG in seiner geltenden Fassung vollumfänglich einer Prüfung auf Verfassungsmäßigkeit unterzogen wird. Es zeichnet sich daher – auf dem einen oder anderen Wege – eine erneute Prüfung der Vorschriften des ErbStG durch das BVerfG ab.

Entwicklung beim "90-Prozent-Test" beobachten

In der Gestaltung und Umsetzung von Unternehmensnachfolgen spielt – bisher – der als Eingangstest bezeichnete sogenannte 90-Prozent-Test eine entscheidende Rolle. Sämtliche Steuerbefreiungen für begünstigungsfähiges Vermögen sind ausgeschlossen, wenn das (Brutto-) Verwaltungsvermögen inklusive der (Brutto-) Finanzmittel (einschließlich Kundenforderungen) zusammen 90 Prozent oder mehr des Unternehmenswerts ausmachen. Zum Verwaltungsvermögen gehören im Wesentlichen: Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Anteile an Kapitalgesellschaften mit einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligungsquote von 25 Prozent oder weniger, Wertpapiere und Finanzmittel (Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen). Das Finanzgericht Münster hatte in seinem Urteil vom 6. Mai 2021 die Betriebsvermögensbegünstigungen zur Anwendung zugelassen, obwohl der 90-Prozent-Test nicht bestanden wurde.

Newsflash: Die gegen dieses Urteil eingereichte Revision des Finanzamtes wurde vom BFH zurückgewiesen. Da die Urteilsgründe noch nicht vorliegen, bleibt abzuwarten, unter welchen Voraussetzungen beziehungsweise in welchen Fällen der 90-Prozent-Test keine Anwendung findet. Die Entscheidung des BFH ist zumindest ein positives Signal für die Gestaltungspraxis.

Nicht in die „Optionsfalle“ tappen  

Das Urteil des BFH vom 26. Juli 2022 führt in der Praxis zu einer deutlichen Verschärfung der steuerlichen Situation bei Wahl der Vollverschonung (beziehungsweise der sogenannten Optionsverschonung), bei der 100 Prozent des begünstigungsfähigen Vermögens von der Erbschafts-/Schenkungsteuer befreit ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Verwaltungsvermögensquote (unter Einbeziehung der Netto-Finanzmittel) 20 Prozent des Unternehmenswerts nicht übersteigt, sowie ein Antrag des Steuerpflichtigen, der bis zum Eintritt der materiellen Rechtskraft gestellt werden muss. Sollte sich nach der Antragstellung herausstellen, dass die 20-Prozent-Grenze doch überschritten wurde, soll nach Auffassung des BFH keine Begünstigung mehr möglich sein, das heißt ein Zurückfallen auf die Regelverschonung (85 Prozent Befreiung) ist nicht mehr möglich. Die Entscheidung ist deswegen für die Praxis sehr ungünstig, weil oftmals ein Erbschaft-/Schenkungsteuerbescheid bereits in der Welt ist und damit der Eintritt der materiellen Rechtskraft droht, während das Feststellungsverfahren mit der Feststellung der verschonungsrelevanten Daten einschließlich einer sich anschließenden Betriebsprüfung längst noch nicht abgeschlossen ist. Hier hilft nur eine sorgfältige Planung im Vorfeld einer lebzeitigen Übertragung und der Versuch einer Abstimmung der Verfahren mit der Finanzverwaltung im Einzelfall.

Optionsmodell nach Wachstumschancengesetz

Für ertragsteuerliche Zwecke besteht mit der Einführung des sogenannten Optionsmodells erstmalig ab dem Jahr 2023 für Personengesellschaften die Möglichkeit, zur Besteuerung nach körperschaftlichen Grundsätzen zu optieren. Nach dem vorliegenden Entwurf des Wachstumschancengesetzes soll mit Wirkung ab dem Jahr 2024 der Anwendungsbereich dahingehend erweitert werden, dass bei einem zivilrechtlichen Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft die Besteuerung als Körperschaft ununterbrochen beibehalten werden kann. Die steuerlichen Verhältnisse der Gesellschaft wie auch der Gesellschafter können dann für Zwecke der Körperschaft- und der Einkommensteuer unverändert beibehalten werden. Erbschaftsteuerlich hat dies den Vorteil, dass eine Begünstigungsfähigkeit auch bei einer Beteiligungsquote von 25 Prozent oder weniger am Stammkapital der Kapitalgesellschaft besteht. Aus diesem Grund stellt die vorgesehene Gesetzesergänzung eine wichtige Erleichterung für die Unternehmensnachfolge dar, da sie eine erhebliche Hürde beseitigt. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist noch vor Ablauf dieses Jahres geplant.

Nachfolge frühzeitig planen

Die aktuellen Trends und Rechtsentwicklungen zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, mit einer frühzeitigen Planung der Unternehmensnachfolge und der Ermittlung sowie Überwachung der verschonungsrelevanten Daten zu beginnen. Entsprechende Beratung und rechtzeitiges Handeln können viele Schwierigkeiten vermeiden oder zumindest abmildern und sind Garant für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge.