Die Auflösung der Ampelkoalition und die vorgezogenen Neuwahlen des Bundestags am 23. Februar 2025 haben erhebliche Auswirkungen auf steuerliche Reformen und Gesetzgebungsvorhaben. Fehlende Mehrheiten erschweren Abschlüsse wesentlicher Gesetzesvorhaben.
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Nach dem Bruch der Ampelkoalition sollen am 23. Februar 2025 vorgezogene Neuwahlen erfolgen. Die vorzeitige Auflösung des Bundestags hat erhebliche Auswirkungen auf laufende Gesetzgebungsprozesse. Mehrheiten im Bundestag sind allenfalls für Einzelmaßnahmen zu erwarten. Im Grundsatz dürften in den kommenden Monaten im steuerlichen Bereich wohl keine wesentlichen Gesetzesvorhaben abgeschlossen werden.

Nach zähem politischem Ringen zu Beginn des Jahres wurde das Wachstumschancengesetz umgesetzt. Es beinhaltet eine auf vier Jahre befristete geringfügige Anhebung der Verlustverrechnungsbeschränkung von 60 auf 70 Prozent im Rahmen der Mindestbesteuerung im Bereich der körperschaftlichen Verlustvorträge. Außerdem wurden die degressive AfA bis Ende 2024 wiedereingeführt und zahlreiche Maßnahmen aus dem Bereich des Ertrag- bzw. Unternehmenssteuerrechts umgesetzt. Aus europäischer Sicht erforderliche Anpassungen zur Zinsschranke sind im bereits im Vorfeld durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vorgenommen worden.

Am 22. November 2024 hat der Bundesrat zuletzt dem Jahressteuergesetz 2024 zugestimmt, das ebenfalls zahlreiche Änderungen im Bereich des Unternehmenssteuer- bzw. Umwandlungssteuerrechts beinhaltet. Wir hatten hierüber in der letzten Ausgabe der Beratungspraxis Unternehmenssteuern berichtet. Ebenso hat der Bundesrat das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 verabschiedet, mit dem der Grund- und Kinderfreibetrag 2024 rückwirkend angehoben wird. Beide Gesetze sind zwischenzeitlich in Kraft getreten.

Mitte des Jahres hatte sich die damalige Regierungskoalition auf den Entwurf für den Haushalt 2025 und eine Wachstumsinitiative geeinigt. So wollte die Bundesregierung der Wirtschaft zusätzliche Wachstumsimpulse geben. Die damit verbundenen steuerlichen Maßnahmen sahen unter anderem eine Verbesserung der Abschreibungsbedingungen, eine Ausweitung der Forschungszulage sowie eine Vermeidung der kalten Progression vor. Mit dem sogenannten Steuerfortentwicklungsgesetz sollten die steuerpolitischen Aspekte der oben genannten Wachstumsinitiative der Bundesregierung umgesetzt werden. Es erscheint vor dem Hintergrund der fehlenden Mehrheiten der noch bestehenden Bundesregierung allerdings nicht mehr realistisch.

Überraschend hat die Bundesregierung am 27. November 2024 noch den Entwurf eines zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung weiterer Maßnahmen aus der oben genannten Wachstumsinitiative. Politische Mehrheiten im Bundestag zu diesem Gesetzentwurf sind jedoch sehr unsicher.

Das Ampel-Aus in Verbindung mit der geplanten Neuwahl des Bundestages im Februar 2025 ist bis weit über die Neukonstituierung des neuen Bundestages hinaus mit deutlichen Unsicherheiten und Verzögerungen bei der Umsetzung steuerlicher Reformen und Gesetzgebungsvorhaben verbunden. Erst das Zusammenfinden einer neuen Koalition mit Abschluss eines neuen Koalitionsvertrages wird Klärung bringen. Unternehmen bzw. Steuerpflichtige müssen sich auf mögliche Änderungen der politischen Agenda einstellen. Das kann sowohl bestehende Pläne beeinflussen als auch neue steuerliche Maßnahmen auf den Weg bringen. Die Auswirkungen sind dabei maßgeblich von den Wahlergebnissen und der anschließenden Koalitionsbildung abhängig.

Wir halten Sie über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Unternehmenssteuerrechts auch im kommenden Jahr wie gewohnt auf dem Laufenden.

Aktuelle Beratungshinweise – kurz notiert

Entfall der Sperrfrist beim qualifizierten Anteilstausch: Im Falle eines sogenannten qualifizierten Anteilstauschs nach § 21 UmwStG kommt es bei einer vorzeitigen Veräußerung der eingebrachten Anteile gemäß § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG dann nicht zur Besteuerung eines Einbringungsgewinns II, wenn der Einbringende die erhaltenen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft bereits vor dem schädlichen Ereignis veräußert hat. Das FG Niedersachsen hat in seinem Urteil vom 02.09.2024 (13 K 185/23; Revision eingelegt: BFH X R 26/24) entschieden, dass eine vorangegangene Veräußerung im Sinne der Ausnahmeregelung nur dann vorliegt, wenn die stillen Reserven der vorher erhaltenen Anteile im Rahmen des Veräußerungsvorgangs aufgedeckt werden. Durch das jüngst in Kraft getretene Jahressteuergesetz 2024 wird diese Voraussetzung nunmehr auch gesetzlich klargestellt, so dass durch das sogenannte „Doppeleinbringungsmodell“ die Sperrfristen nicht verkürzt werden können

Unentgeltliche Nutzung betriebliches Wirtschaftsgut: Mit Urteil vom 1. Oktober 2024 (VIII R 4/21) hat der BFH entschieden, dass die bloß tatsächliche Möglichkeit des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, ein betriebliches Wirtschaftsgut der Kapitalgesellschaft (im Urteilsfall: Wohnimmobilie) auch privat nutzen zu können für sich genommen, beim Gesellschafter noch nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt. Eine vGA kann nach Ansicht des BFH aber anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter ein betriebliches Wirtschaftsgut unentgeltlich oder verbilligt auch zur privaten Nutzung überlassen hat.

Betriebsausgaben i.Z.m. einer Photovoltaikanlage: Das FG Münster hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2024 (1 V 1757/24 E) entschieden, dass nachlaufende Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Betrieb einer nun seit 2022 steuerbefreiten Photovoltaikanlage in früheren Jahren stehen, aber erst 2022 abfließen, abzugsfähig sind.