Wie funktioniert EaaS und wie können Maschinen- und Anlagenbauer die Vorteile dieses Modells nutzen? Welche Aspekte rund um Recht, Steuern und ESG sind zu beachten? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
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Equipment-as-a-Service (kurz „EaaS“; teilweise auch als „Asset-as-a-Service (AaaS)“ bezeichnet) beschreibt ein Geschäftsmodell, bei dem Produktionssysteme oder Maschinen („Produkt“) vom nutzenden Unternehmen nicht gekauft, sondern von einem Anbieter – oftmals dem Hersteller – gegen ein Entgelt im Rahmen eines Miet- oder Leasingmodells bereitgestellt werden. Im Rahmen dieses dienstleistungsorientierten Geschäftsmodells erfolgt die Wertschöpfung nicht allein durch die Überlassung des Produkts, sondern durch zusätzliche Erbringung hiermit verbundener Services, wie Wartung, Reparaturen, Bereitstellung von Software-Updates und Integration des Produkts in die Systemlandschaft und Produktionsumgebung. Für das nutzende Unternehmen hat dieses Geschäftsmodell ebenfalls signifikante Vorteile, da der Kapitalaufwand durch niedrigere Anschaffungs- und Betriebskosten geringer als beim Kauf von Industriemaschinen ausfällt.

Die Umsetzung des Geschäftsmodells birgt aus Sicht des Herstellers bzw. Anbieters vielschichtige rechtliche, steuerliche und weitere Fragestellungen.

Rechtlicher Handlungsbedarf

  • Vertragsgestaltung: EaaS-Angebote erfordern eine sorgfältige Analyse des vertraglichen Ökosystems zwischen allen relevanten Parteien. Da es sich um einen gemischten Vertrag mit miet-/leasingrechtlichen, dienstvertraglichen und ggf. auch werkvertragsrechtlichen Elementen handelt, gilt es, die vertraglichen Verpflichtungen der Parteien im Einzelnen zu definieren. Hierzu kann auch die Definition der kundenseitigen Leistungsbeiträge zu Systemanforderungen, Produkt- und Materialspezifikationen gehören. Neben Lizenzrechten (auch an Drittsoftware), Service-Levels und Regelungen zum (geplanten) Lebenszyklus des Produkts ist die Gewährleistung und Haftung auszugestalten, gerade auch im Hinblick auf potenzielle Ausfall- und Schadensszenarien, wenn im Rahmen des EaaS-Modells eine Industriemaschine in eine komplexe IT- und Systemlandschaft integriert bzw. mit Produkten/Teilen anderer Hersteller verbunden wird.
  • Rechte an Daten: Die kontinuierliche Auswertung von Maschinendaten bietet Herstellern und EaaS-Anbietern die Möglichkeit, Maschinenfunktionen und das Anlagendesign zu verbessern sowie Strategien für vorausschauende Wartungen sowie neue Services zu entwickeln. Daher ist der Zugang zu Daten und die Allokierung von Rechten an maschinengenerierten Daten zwingend erforderlich. Diesbezüglich erlangt der Anfang 2024 in Kraft getretene Data Act besondere Bedeutung. Denn dieses europäische Gesetz zum Datenrecht schafft eine neue Regelungssystematik in Bezug auf Datenzugangs- und -weitergabeansprüche. Hieraus resultieren  für die beteiligten Unternehmen (Hersteller, Anbieter, Nutzer der EaaS-Produkte/ Services) und weitere Marktteilnehmer als Dritte besondere Herausforderungen, aber auch Chancen zur Entwicklung und Verbesserung datengetriebener Geschäftsmodelle. Die Regelungen des Data Act sind insbesondere in den Verträgen der Beteiligten zu gestalten.
  • IT- und Cybersicherheit: In Anbetracht der Möglichkeit von Remote-Zugriffen auf EaaS-Produkte und deren Einbindung in die IT- und Systemlandschaft des Nutzers bzw. in seine IoT-Cloud kommt den einschlägigen Gesetzen zur Stärkung der IT- und Cybersicherheit besondere Bedeutung zu. Hier gilt es, die Integrität etwa der Produktionsdaten, Know-how-Abfluss und Datenmanipulation bei der Übertragung von Produktionsdaten an den Anbieter oder innerhalb der Organisation des Nutzers zu vermeiden.
  • Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Die rechtliche Absicherung von Geschäftsgeheimnissen und Know-how spielt im Hinblick auf die EU-Know-how-Schutz-Richtlinie und das Gesetz zum Geschäftsgeheimnisschutz eine besondere Rolle. Denn neben vertraglichen Regelungen bedarf es zur Erlangung von Rechtsschutz auch der Vereinbarung und Durchführung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen (TOM) auf Seiten aller Beteiligten, um Geschäftsgeheimnisse des Kunden und seine Produktionsumgebung, aber auch des Anbieters/Herstellers effektiv zu schützen. Insofern ist eine Due-Diligence-Prüfung der ergriffenen TOMs, insbesondere beim Empfänger von Geschäftsgeheimnissen, zu empfehlen.
  • Künstliche Intelligenz (KI): Sofern im Rahmen des EaaS-Geschäftsmodells KI, etwa zur Prozessoptimierung, vorausschauenden Wartung, Qualitätssicherung und Datenanalysen, eingesetzt wird, wird die voraussichtlich im Frühjahr 2024 in Kraft tretende europäische KI-Verordnung umzusetzen sein. Diese verfolgt einen risikobasierten Ansatz und kann - neben Dokumentations- und Transparenzpflichten - den Aufbau von Governance-Strukturen zur Überwachung und Risikobewertung von KI-Systemen erfordern.

Bilanzielle Herausforderungen

Bilanzielle Herausforderungen: Der dem EaaS-Vertrag zugrunde liegende Vermögensgegenstand ist grundsätzlich dem EaaS-Anbieter wirtschaftlich zuzurechnen und daher auch vom Anbieter zu bilanzieren. Das nutzende Unternehmen hat demgegenüber – wie bei einem klassischen Mietvertrag – lediglich die im EaaS-Vertrag vereinbarten Gebühren als laufenden Aufwand ergebnis- und ertragsteuermindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen, ohne dass es zu einer Aktivierung des jeweiligen Vermögensgegenstandes beim nutzenden Unternehmen kommt. Mit Hilfe eines EaaS-Modells erspart sich das nutzende Unternehmen nicht nur die oftmals erheblichen Investitionsausgaben, sondern befreit sich zudem von den operativen Risiken durch die Inanspruchnahme der inkludierten Dienstleistungen wie Wartung, Reparatur und Service und hat zudem den Vorteil der Off Balance-Ausgestaltung. EaaS ist für das nutzende Unternehmen mithin sehr flexibel und zugleich wenig kapitalbindend, also liquiditätsschonend.

Steuerliche Aspekte

Bei Eaas-Verträgen sind überdies auch steuerliche Fragestellungen zu beachten. So dürfte in der Regel eine Aufteilung dieser gemischten Verträge in eine Miet-/Leasingkomponente, einen Service-/Dienstleistungsanteil und ggf. eine Werkleistung erforderlich sein, die jeweils aus ertrag- und umsatzsteuerlich Sicht separat zu würdigen sind.

Im internationalen Kontext sind weitere steuerliche Fragen zu beachten, die - wenn erst nachträglich erkannt - zu unerwarteten Kosten führen können. So werden zum Beispiel bei Verbringung des Produkts zu Eaas-Kunden in Drittstaaten regelmäßig Einfuhrumsatzsteuern und Zölle anfallen. Hier wäre vorab zu prüfen und ggf. vertraglich zu fixieren, wer als Importeur auftritt und die Abgaben trägt. Des Weiteren ist abzuklären, ob der Anbieter durch die Überlassung und Wartung der Anlage im Ausland eine steuerliche Betriebstätte begründet, aus der steuerliche Registrierungs- und laufende Deklarationspflichten resultieren. Besteht mit dem Zielstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), kann eine ertragsteuerliche Betriebsstätte regelmäßig vermieden werden, wenn die Einsatzdauer von Mitarbeitenden vor Ort weniger als 6 Monate innerhalb eines 12-Monatszeitraums beträgt. Zudem wäre jedoch abzuklären, dass nicht bereits durch die bloße Überlassung der Anlagen (ohne Personal vor Ort) im Zielstaat eine Betriebstätte begründet wird, insbesondere wenn remote Wartungs-/ Dienstleistungen erbracht werden. So können zum Beispiel vollautomatische Pumpstationen und ähnliche Einrichtungen zu Betriebstätten führen, wenn zumindest zeitweilig Personen am Ort der Einrichtung präsent sind. Schließlich können die Vergütungen im Zielstaat dem Quellensteuerabzug unterliegen (zum Beispiel als technische Dienstleistung), sodass eine etwaige Quellensteuerreduktionen gemäß DBA bzw. die Frage der Kostentragung vorab geklärt werden sollte.

ESG / Circular Economy

Die EU strebt im Rahmen der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft verstärkt regulatorische Maßnahmen an, um die Ressourceneffizienz zu steigern und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Das Schließen von Stoff- und Energiekreisläufen soll den Rohstoffverbrauch reduzieren, die Umweltbelastung minimieren und ökonomische Potenziale freisetzen. Geschäftsmodelle wie EaaS bieten Unternehmen erhebliche Chancen, diesen Übergang zu bewältigen.

Der kontinuierliche Zugriff auf Maschinendaten und das dadurch verbesserte Wartungs- und Reparaturmanagement sowie das Produktdesign kann die Lebensdauer von Maschinen signifikant steigern. Die Rückführung des Equipments zum Eigentümer ermöglicht die fachkundige Aufbereitung, Sanierung und Umgestaltung. Zudem wird so die Rückgewinnung von Ressourcen für eine mögliche Wiederverwertung vereinfacht. Mit Blick auf die Komplexität der Stoffkreisläufe ist es in diesem Zusammenhang unabdingbar, bestehende Materialflüsse über den gesamten Lebenszyklus und entlang der Wertschöpfungskette messbar zu machen.