Das BFH-Urteil vom 27. März 2024 (Az. VI R 5/22) revolutionierte die Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen (wie Weihnachtsfeiern oder Firmenjubiläen). Erfahren Sie, warum der Anwendungsbereich zunächst stark erweitert wurde, welche Vorteile sich daraus ergeben und durch welche Gesetzesänderungen der Anwendungsbereich des Urteils eingeschränkt wird.
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Betriebsveranstaltungen und Lohnsteuer

Ein wegweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. März 2024 hatte Auswirkungen auf die Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen, wie Weihnachtsfeiern und Firmenjubiläen. Es ging um die Frage, ob eine Betriebsveranstaltung für alle Mitarbeiter der gesamten Organisationseinheit offenstehen muss, um eine ermäßigte Pauschalversteuerung mit 25 Prozent zu ermöglichen (gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Die Finanzverwaltung verlangte ein solches „Offenstehen für die Anwendung der Pauschalierung etwaiger Vorteile, mit einem Pauschalsatz in Höhe von 25 Prozent nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Lag das Merkmal nicht vor, kam lediglich die Anwendung der Pauschalierungsvorschrift gemäß § 37b Abs. 2 EStG (Pauschalsteuersatz in Höhe von 30 Prozent) in Betracht. Dieser Auffassung hatte sich das zuständige Finanzgericht in der ersten Instanz angeschlossen. Der BFH sah das Merkmal als nicht erforderlich an.

Pauschalsteuer bei Betriebsveranstaltungen

Neben der offensichtlichen Steuersatzdifferenz bietet die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG noch einen weiteren Vorteil: Geldwerte Vorteile, die fristgerecht nach § 40 Abs. 2 EStG angemeldet und versteuert wurden, unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht. Das wäre im Fall des § 37b Abs. 2 EStG anders.

Gemäß den Leitsätzen des Urteils ist eine Betriebsveranstaltung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auch dann gegeben, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder Betriebsteils offensteht. Der Begriff der Betriebsveranstaltung in der Pauschalierungsvorschrift nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG entspricht dieser Legaldefinition.

Im Tenor des Urteils gab der BFH der Revisionsklägerin daher Recht. Sie hatte eine Pauschalversteuerung mit 25 Prozent gemäß § 40 Abs. 2 EStG für eine Weihnachtsfeier durchgeführt. An dieser Feier durften nur Führungskräfte teilnehmen. Für den BFH war somit für die Anwendung des § 40 Abs. 2 EStG unerheblich, ob die Betriebsveranstaltung allen Mitarbeitenden einer Organisationseinheit offenstand oder nicht.

Vorteile der BFH-Rechtsprechung zur Pauschalbesteuerung für Unternehmen

Durch das Urteil des BFH wurden Unternehmen neue Möglichkeiten und Vorteile eröffnet. Neben dem niedrigeren Steuersatz führt die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 EStG grundsätzlich auch zur Sozialversicherungsfreiheit. Zudem ergibt sich in administrativer Hinsicht Einsparungspotenzial. Arbeitgeber sollten zudem die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) beachten: Das BSG hat mit Urteil vom 23. April 2024 entschieden, dass die Pauschalversteuerung mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum erfolgen muss, um die Sozialversicherungsfreiheit zu erhalten. Der Arbeitgeber hat jedoch bis zur Übermittlung der Lohnsteuerjahresbescheinigung am 28. Februar des Folgejahres Zeit, die Änderung des Lohnsteuerabzugs zu übermitteln. Zu spät gemeldete Betriebsveranstaltungen sind sozialversicherungspflichtig. Es drohen Säumniszuschläge.

Weiterhin ist zu beachten, dass für die Anwendung des Freibetrags nach § 19 Abs. 1a Satz 3 EStG in Höhe von 110 Euro das „Offenstehen“ für alle Mitarbeitenden immer noch ausschlaggebend ist. Dieser Freibetrag rückt zudem zunehmend ins Visier von Lohnsteuer-Außenprüferinnen und -prüfern, da die Anzahl der tatsächlich anwesenden Teilnehmenden dokumentiert werden muss (BFH Az. VI R 31/18, Beschwerde beim BVerfG Az. 2 BvR 1443/21). Ein Verweis auf Plandaten wird nicht mehr akzeptiert.

Nichtanwendungsgesetzgebung geplant 

Der Bundesrat empfiehlt nun im Rahmen der Drucksache 369/1/24 vom 17. September 2024 eine Ergänzung des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG: Die Anwendung der Pauschalierung soll daran gebunden sein, dass „die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht“. Diese Neuregelung soll Sachverhalte nach dem 31. Dezember 2024 betreffen. Der Vorschlag wurde im Rahmen des Entwurfes zum Jahressteuergesetzes 2024 in der Sitzung vom 27. September beraten.

Erstaunlicherweise greift der Bundesrat ein wesentliches Argument aus der Urteilsbegründung des BFH nicht auf: Die Legaldefinition der Betriebsveranstaltung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG. Ihre Anpassung wäre systematisch näher gewesen. 

Lohnsteuerpauschalierung: Gesetzgebungsverfahren ist kritisch zu sehen 

Die Gesetzesinitiative des Bundesrats trägt den bekannten Abgrenzungsproblemen in der Praxis keine Rechnung. In Zeiten agiler Teams und interdisziplinären Arbeitens ist die Begrenzung auf den Betrieb als Ganzes oder einen (wie auch immer auszulegenden) „Betriebsteil“ nicht zeitgemäß. Administrative Erleichterungen, die aus dem Urteil ableitbar waren, werden in der Gesetzesbegründung nicht berücksichtigt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Gesetzgebungsverfahren hierzu entwickelt. Das Signal der Legislative ist allerdings eindeutig: Arbeitgeber sollten das Gesetzgebungsverfahren aufmerksam verfolgen und ggf. interne Prozesse anpassen. 

Arbeitgeber können sich jedoch im Rahmen von Lohnsteuer-Außenprüfungen für Zeiträume ab 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2024 weiterhin auf die günstige BFH-Rechtsprechung berufen.