Unabhängig von den regulatorischen Anforderungen im Hinblick auf die Integration von ESG können Private Equity Häuser erhebliche Vorteile erzielen, wenn sie sich proaktiv mit diesen Themen befassen. Dabei geht es weniger um die Vermeidung von Risiken, sondern zunehmend um die Nutzung von ESG, um den Unternehmenswert zu steigern.
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In einer Welt, in der Nachhaltigkeit und Verantwortung immer stärker in den Fokus rücken, steht auch die Finanzbranche vor einem tiefgreifenden Wandel. Private Equity Fonds, die traditionell für ihre renditegetriebenen Strategien bekannt sind, sehen sich nun mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) verlangt von ihnen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) in ihre Investitionsentscheidungen zu integrieren und transparent darüber zu berichten. Doch was bedeutet das konkret für die Private Equity Branche?

Dieser Artikel beleuchtet die wachsende Bedeutung von ESG-Kriterien im Private Equity Sektor und zeigt auf, warum die Einhaltung dieser Standards weit mehr ist als nur eine regulatorische Pflicht. Erfahren Sie, wie ESG nicht nur als Schutzschild gegen Risiken fungiert, sondern auch als Katalysator für Wachstum und Wertsteigerung genutzt werden kann. Die Zukunft von Private Equity wird zunehmend von der Fähigkeit abhängen, ESG-Daten effizient zu erheben und in den Geschäftsstrategien zu verankern. Doch welche Herausforderungen und Chancen bringt dies mit sich? Lesen Sie, wie PE-Firmen durch kluge ESG-Integration nicht nur ihre Reputation stärken, sondern auch ihre Kapitalkosten senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern können.

Einfluss der Sustainable Finance Disclosure Regulation auf Private Equity Funds

Mit der Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 und der UN-Agenda 2030 hat sich die internationale Gemeinschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung bekannt. Dies hat auch Auswirkungen auf den Finanzsektor. In der EU wird das Bestreben, Nachhaltigkeitsaspekte stärker in die Finanzwirtschaft zu integrieren, insbesondere durch die im Jahr 2019 veröffentlichte Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) geregelt. Die Einführung dieser neuen Verordnung zielt darauf ab, Transparenz und Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu fördern, indem sie Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater dazu verpflichtet, Informationen über Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen offenzulegen.

Während PEs durch die Mindestgrößenbegrenzungen für die Offenlegungsverpflichtungen oft nicht direkt durch die SFDR betroffen sind, ergibt sich der institutionelle Druck durch die Verflechtung mit institutionellen Limited Partners (LPs) beziehungsweise den Geldgebern von PE-Fonds. Seit 2023 (für das Wirtschaftsjahr 2022), sind LPs dazu verpflichtet, über Principle Adverse Impacts (PAIs) bzw. die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen ihrer Investments zu berichten. Hierfür müssen die Unternehmen bestimmte ESG-Faktoren erfassen und in einer jährlichen Erklärung offenlegen, wie ihre Investitionsentscheidungen diese Faktoren negativ beeinflussen können. Dafür benötigen LPs jedoch PAI-Daten von den PE-Fonds, die diese Daten wiederum von ihren Portfoliounternehmen beziehen müssen. 

Bislang werden PAIs oft noch nicht von Private-Equity-Unternehmen berücksichtigt, entweder weil sie dem Thema derzeit eine niedrige Priorität einräumen oder es an ausreichenden Strukturen zur Datenerhebung mangelt. Um jedoch weiterhin Gelder für Fonds über den institutionellen Kapitalmarkt einsammeln zu können, werden PE-Unternehmen früher oder später die erforderlichen Strukturen schaffen müssen, um LPs mit PAI-Daten zu versorgen. 

Gründe für eine ESG-Integration von PE-Unternehmen

Abgesehen von der eingeforderten Integration von ESG können PEs erhebliche Vorteile erzielen, wenn sie sich proaktiv mit ESG-Themen auseinandersetzen. Dabei geht es immer weniger nur um die Vermeidung von ESG-Risiken, sondern zunehmend auch um die Nutzung von ESG als Treiber für den Unternehmenswert.

ESG-Risiken können die Rentabilität und Überlebensfähigkeit eines Unternehmens erheblich beeinträchtigen, wenn sie nicht umgehend und effektiv gesteuert werden. Daher sind sie auch für Private-Equity-Investoren von großer Bedeutung. Insbesondere bei Softwareunternehmen finden sich wesentliche ESG-Risiken in den Bereichen "Soziales" (S) und "Unternehmensführung" (G), die Themen wie Kundendatenschutz, Datensicherheit, Wettbewerbsverhalten, Arbeitspraktiken und auch Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration (Eng.: Diversity, Equity & Inclusion; DE&I) betreffen können.

Um den Einfluss von problematischen ESG-Themen bei potenziellen Zielunternehmen abschätzen zu können, wird vermehrt während des Target-Screenings und der Due-Diligence-Prüfung auf ESG-Risiken geachtet. PEs setzen dabei vermehrt auf ESG-Ausschlusslisten, um bereits von Anfang an unvereinbare Kandidaten aus dem Investitionsprozess auszuschließen. Diese Listen enthalten Branchen oder Aktivitäten, die aufgrund ihrer Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftspraktiken gegen ethische Werte oder regulatorische Vorgaben verstoßen. Weiterhin können ESG-Risiken, die in der Due-Diligence-Phase aufgedeckt werden, auch zum Ausscheiden aus dem Investitionsprozess führen und somit die PE-Investoren etwa vor potenziellen Strafzahlungen schützen.

Konkret können drei zentrale Hebel hervorgehoben werden, die PEs zur Steigerung ihres Unternehmenswerts nutzen können: 

  • Reputationsstärkung: Die Reputation eines Unternehmens zählt zu den bedeutendsten immateriellen Vermögenswerten und hat daher einen erheblichen Einfluss auf den Verkaufspreis, den PEs am Ende des Investitionszyklus erzielen können. Durch eine gezielte ESG-Berichterstattung, die das Engagement für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung demonstriert, können die Reputation sowohl von den Portfoliounternehmen als auch der PEs nachweislich verbessert werden. Zu den Vorteilen zählen neben dem Aufbau von Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei Stakeholdern auch die Verbesserung des Risikomanagements und der Widerstandsfähigkeit sowie die Förderung von Innovation und Wachstum. Gerade bei Softwareunternehmen spielt eine tadellose Reputation im Bereich Soziales (S) und Governance (G) eine entscheidende Rolle. Durch eine angemessene ESG-Berichtserstattung können sie beispielsweise ihre Fortschritte beim Schutz von Kundendaten und Cybersicherheit in den Vordergrund stellen, um das Kundenvertrauen in ihr Produkt zu steigern. Alternativ können Softwareunternehmen über ihre Entwicklungen bei Arbeitspraktiken und DE&I berichten, um als Arbeitgeber attraktiver für qualifiziertes Fachpersonal zu werden.
  • Reduzierungen von Fremd- und Eigenkapitalkosten: Das Resultat der Risikosenkung durch die Reputationsstärkung kann eine Verringerung der Kosten für Fremd- und Eigenkapital sein. Eine Studie der EBS-Universität für Wirtschaft und Recht aus dem Jahr 2023 hat beispielsweise ergeben, dass Unternehmen mit einer positiveren ESG-Bewertung durchschnittlich um 40 Basispunkte niedrigere Kapitalkosten aufweisen als Unternehmen mit einem schlechteren ESG-Ranking.
  • Kostensenkungen und Umsatzsteigerung: Insbesondere bei den Personalkosten lassen sich signifikante Potenziale erschließen. Eine wertschätzende Behandlung der Mitarbeitenden, einhergehend mit einer besseren Performance im Bereich Soziales (S), trägt dazu bei, die Fluktuation zu reduzieren. Dies wiederum führt zu stabileren und insgesamt niedrigeren Personalkosten im Vergleich zu einem ständigen Wechsel des Personals. 

Herausforderung bei der Implementierung von ESG

Unabhängig davon, ob PEs den kontinuierlichen Datenflussanfragen von LPs bewältigen oder ESG als Werttreiber für ihre Portfoliounternehmen nutzen wollen – PEs müssen zwangsläufig damit beginnen, ESG-Daten in Form von KPIs von Portfoliounternehmen zu erheben und zu verfolgen. Allerdings birgt die Implementierung der ESG-Datenerhebung verschiedene Herausforderungen, da durch fehlende Strukturen oft (noch) eine unzureichende ESG-Datenlage in den Portfoliounternehmen existiert.

Im Gegensatz zu börsennotierten Unternehmen unterliegen private und gerade kleinere Unternehmen nicht denselben Berichtspflichten, was den Zugang zu relevanten ESG-Informationen erschwert. Zusätzlich behindert das Fehlen einheitlicher und vergleichbarer Kennzahlen die Bemühungen der PE-Häuser, ihre Portfoliounternehmen zu bewerten und deren Leistung im Hinblick auf ESG zu überwachen. Neben einer wachsenden Anzahl von ESG-Dienstleistungsunternehmen, wie ESG- und Nachhaltigkeitsberatern, bieten sich immer mehr ESG-Software-Unternehmen an, um PEs einen Überblick über die ESG-Datenlage bei ihren Portfoliounternehmen zu verschaffen und die Herausforderungen bei der Implementierung von ESG zu lösen. Die steigende Nachfrage nach ESG-Software, und das damit verbundene Wachstum sowie ein fragmentierter Markt bieten den PEs nicht nur die Möglichkeit, ihre ESG-Datenprobleme zu lösen, sondern auch ein attraktives Investitionsumfeld. 

 

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