Das am 25. April 2024 eingeführte Herkunftsnachweisregister für Wärme, Kälte und Gas fördert die transparente Vermarktung von Energie aus erneuerbaren Quellen oder unvermeidbarer Abwärme und bietet Netzbetreibern die Möglichkeit, innovative, nachhaltige Produkte anzubieten. Gleichzeitig stellt es eine Herausforderung dar, die gesetzlichen Vorgaben zur Dekarbonisierung der Wärmenetze bis 2045 einzuhalten, ohne bestehende vertragliche Verpflichtungen zu beeinträchtigen.
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Was ist das Herkunftsnachweisregister (HKNR)?

Das Herkunftsnachweisregister (HKNR) ist eine zentrale Plattform, mit der Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Herkunft von Energie erreicht werden sollen. Endkundinnen und Endkunden bekommen durch die verpflichtende Stromkennzeichnung laut Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) Informationen zu ihrem Strom. Für diesen Bereich gibt es das Register, das im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geschaffen wurde, seit 2013. Im April 2024 wurde ein weiterer Schritt in der Energiepolitik gegangen: Seitdem werden auch die Bereiche Wärme, Kälte und Gas erfasst. Aber warum gibt es ein Herkunftsnachweisregister? Durch das HKNR sollen Endverbraucherinnen und -verbraucher Einblick in die Herkunft ihrer Energie bekommen. Wer grüne Fernwärme bestellt, soll auch grüne Fernwärme bekommen. Das markiert einen wichtigen Fortschritt im Bereich der Energieversorgung und eröffnet Energienetzbetreibern für Wärme, Kälte und Gas neue Möglichkeiten, ihre Produkte transparenter und wettbewerbsfähiger zu machen. Die Pflicht zur Errichtung des Herkunftsnachweissystems ergibt sich aus Artikel 19 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 (RED II). National wurde die Pflicht durch zwei Richtlinien umgesetzt:

  • das Herkunftsnachweisregistergesetz (HkNRG) und
  • die Gas-Wärme-Kälte-Herkunftsnachweisregister-Verordnung (GWKHV).

Das Register wird vom Umweltbundesamt verwaltet. Es handelt sich um eine elektronische Plattform, die es ermöglicht, Herkunftsnachweise für thermische Energie systematisch zu verwenden, auszustellen, anzuerkennen, zu übertragen und zu entwerten. Ihr Ziel ist es, die Energieerzeugung und -versorgung aus erneuerbaren und herkömmlichen Quellen transparent zu machen. Das zu diesem Zweck erlassene Gesetz sowie die Verordnung legen vor allem die Mindestinhalte für Herkunftsnachweise fest.

Für die Eintragung einer Erzeugungsanlage muss ein aktives Konto im Herkunftsnachweisregister geführt werden: das zentrale Element der Neuerung. Das Herkunftsnachweisregister ermöglicht es Betreibern, ihre Anlagen zur Erzeugung von Energie zu registrieren und die zugehörigen Herkunftsnachweise zu beantragen. Dadurch kann die eigene Marktposition gestärkt werden. Es fördert aber auch das Vertrauen der Endverbraucher in die Herkunft und Nachhaltigkeit des gelieferten Produkts.

Ein bedeutender Schritt in der Wärmeversorgung

Eine Pflicht zur Registrierung im Herkunftsnachweisregister besteht grundsätzlich nicht. Hat sich der Netzbetreiber jedoch zur Lieferung von Erzeugnissen aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme verpflichtet, ist ein Nachweis zu erbringen, und zwar über den Anteil oder die Menge der eingesetzten erneuerbaren Energieträger mittels Herkunftsnachweis.

Ein überraschender Aspekt des neuen Systems ist, dass die Ausstellung von Herkunftsnachweisen die Wärme betreffend, nicht ausschließlich auf Wärme aus erneuerbaren Energiequellen beschränkt ist, wie es beim bereits bekannten Nachweisregister des Stroms der Fall ist. Das erlaubt Wärmeanbietern, auch Produkte anzubieten, die aus konventionellen Quellen stammen, während gleichzeitig eine klare Unterscheidung zwischen beiden Typen gewährleistet wird. Die somit erhöhte Flexibilität kann dazu beitragen, dass Anbieter ein breiteres Spektrum an Produkten entwickeln, die den unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforderungen ihrer Kunden gerecht werden. Insbesondere in einem Markt, der zunehmend auf Nachhaltigkeit setzt, kann das ein Wettbewerbsvorteil sein.

Der Herkunftsnachweis macht die Vermarktung thermischer Energie deutlich einfacher. Wenn der Kontoinhaber die Entwertung des entsprechenden Nachweises beim Umweltbundesamt beantragt, kann dieser verwendet werden, um die an Endkunden gelieferte thermische Energie zu identifizieren. Diese Vermarktung darf allerdings die bestehenden vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen Kunden im gleichen Fernwärmesystem nicht verletzen. Um Konflikte zu vermeiden, müssen die Anbieter ihre vertraglichen Rahmenbedingungen sorgfältig überprüfen und falls nötig anpassen.

Gesetzliche Anforderungen und Dekarbonisierung 

Die Verwendung von Herkunftsnachweisen zur Vermarktung thermischer Energie entbindet die Wärmenetzbetreiber nicht von ihrer gesetzlichen Pflicht zur Dekarbonisierung der Wärmenetze. Zu Beginn des Jahres 2024 sind das Wärmeplanungsgesetz (WPG) sowie das zum selben Zeitpunkt novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft getreten. Sie enthalten umfassende Pflichten und Fristen zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, die nicht durch eine Teilnahme am Herkunftsnachweisregistersystem ersetzt bzw. erfüllt werden können. Gemäß dieser Bestimmungen muss ab gewissen definierten Zeitpunkten ein erheblicher Anteil der jährlichen Nettowärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme entstehen. Diese Verpflichtungen fordern eine strategische Neuausrichtung der Wärmenetze. Sie müssen nicht nur den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch im Wettbewerb um umweltbewusste Kunden bestehen. Zu beachten ist, dass aktuell nicht vorgesehen ist, den Nachweis des Erneuerbaren-Energien-Anteils im Wärmenetz mithilfe von Herkunftsnachweisen zu erbringen.

Während das Herkunftsnachweisregister neue Möglichkeiten eröffnet, bringt es gleichzeitig Herausforderungen mit sich. Das gilt insbesondere in Bezug auf den administrativen Mehraufwand für Fernwärmeversorger, den die Registrierung und die Nachweisführung mit sich bringen. Es ist davon auszugehen, dass vorhandene Berichtssysteme teilweise modifiziert und ausgebaut werden müssen, um den neuen Anforderungen zu entsprechen. Allerdings könnte sich der Aufwand auf lange Sicht lohnen: Unternehmen, die sich rechtzeitig auf die neuen Bedingungen einstellen, können sich auf dem Markt einen wesentlichen Vorteil verschaffen.

Die Bedeutung des Herkunftsnachweisregisters wird besonders evident, wenn man den Druck berücksichtigt, den Industriekunden zunehmend auf ihre Lieferanten ausüben. Diese Kunden benötigen verlässliche Nachweise über ihren ökologischen Fußabdruck im Rahmen ihrer ESG-Berichterstattung. Die Fähigkeit, Herkunftsnachweise über die gelieferten Wärmeprodukte zur Verfügung zu stellen, kann für Fernwärmeversorger daher ein entscheidender Faktor sein, um im Wettbewerb speziell bei berichtspflichtigen Unternehmen zu bestehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Herkunftsnachweisregister für Wärme nicht nur eine wichtige Maßnahme zur Förderung der Transparenz in der Energieversorgung darstellt. Es schafft auch einen Anreiz für Wärmenetzbetreiber, sich proaktiv mit den Herausforderungen und Möglichkeiten der Dekarbonisierung auseinanderzusetzen. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Anforderungen stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Sie bieten aber gleichzeitig die Chance, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln und sich auf die Bedürfnisse eines sich wandelnden Marktes einzustellen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird für den Erfolg der Wärmenetzbetreiber in einer zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Zukunft entscheidend sein.

Um Sie optimal zu unterstützen, bieten wir maßgeschneiderte Lösungen an. Unser Leistungsangebot umfasst

  • die Gestaltung von Preissystemen unter Berücksichtigung der veränderten gesetzlichen Vorgaben,
  • die entsprechende Anpassung und Umstellung bestehender Vertragsverhältnisse,
  • die Registrierung Ihrer Anlagen im Herkunftsnachweisregister sowie
  • die Gestaltung neuer Wärmeprodukte.