Die erweiterte Grundbesitzkürzung führt bei Grundstücksunternehmen – unter bestimmten Anwendungsvoraussetzungen – zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer.
INHALTE

Bereits in der Vergangenheit hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung bei Vermietungen zwischen zwei Organgesellschaften versagt. Das soll nach dem jüngsten BFH-Urteil vom 11.07.2024 (III R 41/22) auch dann gelten, wenn die pachtende Organgesellschaft die Grundstücke an Dritte weitervermietet. Damit kann es im Weitervermietungsmodell innerhalb eines Organkreises zu steuerlichen Mehrbelastungen kommen.

Erweiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 

Die erweiterte Grundbesitzkürzung bietet Unternehmen eine vollständige Freistellung von der Gewerbesteuer, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. Das gilt grundsätzlich auch für separate Immobilieneinheiten in einer gewerblich tätigen Unternehmensgruppe. Begünstigte Unternehmen unterliegen in diesen Fällen regelmäßig nur der Körperschaftsteuerpflicht. Darüber hinaus erhalten sie die Möglichkeit, ihren Gewinn aus der Grundstücksverwaltung nur mit einem Körperschaftsteuersatz von ca. 15 Prozent zu versteuern. 
Mit den Urteilen vom 18.05.2011 (X R 4/10) und 30.10.2014 (IV R 9/11) hatte der BFH dazu bereits entschieden: Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen ist nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Fall der Vermietung von Grundstücken innerhalb eines Organkreises ausgeschlossen. Nach Ansicht des BFH führe die Inanspruchnahme dieser erweiterten Kürzung auf Ebene der Immobilien-Organgesellschaft dazu, dass auf der Ebene des Organträgers Mieterträge nicht der Gewerbesteuer unterlägen. Das gilt, obwohl die korrespondierenden Mietaufwendungen (zumindest teilweise) abgezogen werden könnten.

Weitervermietungsmodell innerhalb des Organkreises 

Die Klägerin (BFH v. 11.07.2024 – III R 41/22) war eine Konzernobergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Holdingfunktion sowie ertrag- und umsatzsteuerlich Organträgerin. Zum ertragsteuerlichen Organkreis zählten 17 grundbesitzhaltende Organgesellschaften sowie deren Schwestergesellschaft, die W-GmbH. An diese hatten die 17 Organgesellschaften ihren gesamten Immobilienbestand zur Weitervermietung verpachtet. Die W-GmbH war also die zentrale Management- und Marketinggesellschaft. Sie verpachtete respektive vermietete die Immobilien im eigenen Namen an Dritte außerhalb des Organkreises. Sie trug Aufwendungen und kümmerte sich um die Verwaltung der Grundstücke. Hierbei handelt es sich um das sog. Weitervermietungsmodell.

Die W-GmbH verbuchte die Pachtzahlungen an die 17 Immobiliengesellschaften als Aufwand. Eine Hinzurechnung nahm sie aufgrund des Organschaftsverhältnisses nicht vor. Dahingegen beanspruchten jedoch 13 der Immobiliengesellschaften die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung beanstandete der zuständige Prüfer das mit Hinweis auf die BFH-Urteile vom 18.05.2011 (X R 4/10) und 30.10.2014 (IV R 9/11).

Versagung der erweiterten Kürzung im Organkreis auch beim Weitervermietungsmodell

Anders als das Finanzgericht (FG) Düsseldorf mit Urteil vom 22.09.2022 (9 K 2833/21 G) schließt sich der BFH mit Urteil vom 11.07.2024 der Auffassung der Finanzverwaltung an: Er versagt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung. Der BFH stellt im Hinblick auf die Anwendbarkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften im Rahmen einer Organschaft auf die Geschäftsbeziehungen zwischen den Organgesellschaften ab. Aus Sicht des Organträgers stehen sich bei diesen Geschäftsbeziehungen Aufwand und Ertrag aus demselben Rechtsgeschäft gegenüber. Dass allein ein Ausgleich der Mietaufwendungen und -erträge zwischen den Organgesellschaften erfolgt, der Gewerbeertrag auf Ebene des Organträgers jedoch auch den Überschuss aus den Pachtzahlungen von fremden Dritten umfasst, führt zu keiner differenzierten Betrachtung.

Wäre die Marketinggesellschaft nicht Teil der Organschaft, hätten die Immobiliengesellschaften die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen können (gegenläufig allerdings hälftige Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG bei der Marketinggesellschaft). Die Entscheidung des BFH führt folglich zu einer Benachteiligung der ertragsteuerlichen Organschaft im Weitervermietungsmodell.

Praxishinweis zur Gewerbesteuerkürzung im Weitervermietungsmodell

Bestehende Strukturen innerhalb von Organschaften sollten überprüft und ggf. angepasst werden, um gewerbesteuerliche Nachteile zu vermeiden. Im ertragsteuerlichen Organkreis empfiehlt es sich, die Vermietung durch die Immobiliengesellschaften selbst vorzunehmen. Sofern alternativ eine zentrale Management- und Marketinggesellschaft als Zwischenmieter gewünscht ist, sollte diese (Kapital-)Gesellschaft nicht in den Organkreis aufgenommen werden.  

Das Urteil darf als Bestätigung aufgefasst werden, dass der BFH die erweiterte Grundstückskürzung bei der Vermietung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften (außerhalb der Organschaft) weiterhin zulässt.

Bei Fragen, zur Gestaltung Ihrer Organschaftsstrukturen und weiterer steuerlicher Aspekte, sprechen Sie uns gerne an.

 

Aktuelle Beratungshinweise – kurz notiert 

Bundestag verabschiedet Jahressteuergesetz 2024: Am 18.10.2024 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet. Im Vergleich zum Regierungsentwurf wurden zahlreiche Änderungen vorgenommen. Darunter fällt u. a. die Verschärfung der Körperschaftsteuerklausel des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG. In Reaktion auf das BFH-Urteil vom 15.07.2021 (IV R 36/18) wird ein neuer Satz 7 in § 6 Abs. 5 EStG eingefügt, der mehraktige Gestaltungen verhindern soll, die im Kern zum Inhalt haben, Einzelwirtschaftsgüter von einem Körperschaftsteuer-Subjekt auf ein anderes zu übertragen. Die Neuregelung soll bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern angewendet werden, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Bundestags stattfinden. Insofern wäre für Altfälle eine potenzielle Verteidigung mit Bezug auf die eingangs genannte BFH-Rechtsprechung weiterhin möglich. Eine Zustimmung des Bundesrates steht noch aus. Die Befassung des Bundesrats ist für den 22.11.2024 geplant. 

Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens zur Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG): Am 10.10.2024 hat das BMF einen Entwurf, für ein überarbeitetes Schreiben zur Zinsschranke veröffentlicht. Mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 22.12.2023 wurde die Zinsschranke des § 4h EStG sowie § 8a KStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2024 geändert. Im Rahmen des Entwurfsschreibens werden u. a. die folgenden Aspekte behandelt: Umfang der Zinsaufwendungen und -erträge, EBITDA-Vortrag sowie die Ausnahmetatbestände des § 4h Abs. 2 EStG (Stand-alone-Klausel und Eigenkapitalvergleich bei konzernzugehörigen Betrieben und Konzernbegriff). 

Zur Anwendung des Abzugsverbots für Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG nach formwechselnder Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft (FG Münster vom 12. Juni 2024 – Aktenzeichen 6 K 564/19 G F): Im Fall der formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft ist das von dieser übernommene positive Eigenkapital als (fiktive) Einlage für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen. Damit tritt das FG Münster der Finanzverwaltung entgegen, nach deren Auffassung die Über- bzw. Unterentnahmen im Zeitpunkt eines Formwechsels einer GmbH stets 0 € betragen müsse. Schließlich findet § 4 Abs. 4a EStG auf Kapitalgesellschaften keine Anwendung. Nach Ansicht des FG sei der Vorgang des Formwechsels jedoch wie die Neugründung einer Personengesellschaft mit erstmaliger Mittelzuführung durch die Gesellschafter zu verstehen.

Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen IV R 10/24 anhängig. Betroffene Fälle sollten mit Verweis auf das anhängige Verfahren offengehalten werden.