Achtung Jahresende! Keine Verjährungshemmung bei unvollständiger Streitverkündung wegen fehlender Information über anstehenden Verfahrenstermin.
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Informiert der Streitverkündende in seiner Streitverkündung nicht über einen bevorstehenden Verhandlungstermin, gilt über die Lage des Rechtsstreits gemäß § 73 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht vollständig informiert. Damit kommt der Streitverkündung weder eine materiell-rechtliche verjährungshemmende Wirkung noch eine prozessuale Interventionswirkung zu. Das hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 16.05.2024 (2 U 75/23) entschieden, vgl. IBRRS 2024, 2416.

Verjährung und Verjährungshemmung

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist in den §§ 194 ff. geregelt, dass und in welcher Zeit Ansprüche verjähren. Die Verjährung kann auch gehemmt werden, vgl. §§ 203 ff. BGB. Eine Verjährungshemmung tritt ein, wenn der Ablauf der Verjährungsfrist unterbrochen wird. Dazu gehören beispielsweise Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB oder andere gerichtliche Maßnahmen zwischen den streitenden Parteien, aber auch familiäre Zwischenfälle oder höhere Gewalt können zur Hemmung der Verjährung führen. Und wann endet eine Verjährungshemmung? Immer dann, wenn der hemmende Grund entfällt, wenn beispielsweise der hemmende Rechtsstreit zwischen den beiden Parteien beendet ist. 

Soweit zur grundlegenden rechtlichen Situation. Das OLG Düsseldorf hat im vorliegenden Fall die Rahmenbedingungen für eine Verjährungshemmung enger abgesteckt.

Hintergrund und Sachverhalt

Innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens zwischen zwei Unternehmen wurde einem Dritten der Streit verkündet. Im Schriftsatz der Streitverkündung fehlte die Information über einen bevorstehenden Verhandlungstermin. Der Streitverkündung kam aber weder eine verjährungshemmende Wirkung noch eine Interventionswirkung zu, weil die Lage des Verfahrens gemäß § 73 Abs. 1 ZPO unvollständig angegeben wurde. Die Ansprüche verjährten. Der Anwalt haftete.

Um Ansprüche gegen Dritte zu sichern, muss die Verjährung dieser Ansprüche im Blick behalten werden. Um das zu erreichen, wird regelmäßig dem Dritten der Streit verkündet. Dadurch wird die Verjährung der Ansprüche gegen den Dritten gehemmt. Aber hier ist Vorsicht geboten,

  • da nur einer zulässigen Streitverkündung die gewünschte verjährungshemmende Wirkung zukommt,
  • die Zulässigkeit jedoch regelmäßig erst im Rahmen des Regressprozesses geprüft wird.

Entscheidung des OLG Düsseldorf

Nun hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 16.05.2024 entschieden, dass bereits die fehlende Information über einen anstehenden Verhandlungstermin dazu führt, dass die Lage des Rechtsstreits nicht ausreichend dargestellt ist. Die Voraussetzungen einer zulässigen Streitverkündung nach § 73 Abs. 1 ZPO sind damit nicht erfüllt: Die Streitverkündung ist unzulässig und entfaltet keine Wirkung. Die Verjährung der Ansprüche gegen den Empfänger der Streitverkündung wird nicht gehemmt, die Ansprüche verjähren, gehen unter und können nicht mehr geltend gemacht werden. Der Anwalt haftet.

Auswirkung auf die Praxis

Bereits die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 22.01.2022 zur Notwendigkeit des vollständigen Rubrums (Deckblatt der Akte mit relevanten Daten) bei der Streitverkündungsschrift hatte für Aufsehen und erhöhte Sorgfalt in der Anwaltschaft gesorgt. Indessen geht die Tendenz der Gerichte weiter: Die Zulässigkeit von Streitverkündungen wird hinsichtlich ihrer Voraussetzungen verschärft. Das hat weitreichende Folgen, da nur eine zulässige Streitverkündung verjährungshemmende Wirkung entfaltet.