Im Zuge des steigenden Bewusstseins für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen heben auch immer mehr Unternehmen ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsstrategien hervor. Mit der sogenannten Green Claims-Richtlinie (GCRL) sollen nun klare Regeln dafür geschaffen werden. Doch Vorsicht: Die Richtlinie birgt jedoch auch eine Reihe von neuen Anforderungen und Risiken für Unternehmen.
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Schlagworte wie ESG (environmental, social, and governance), Nachhaltigkeit und grüne Herstellung von Produkten sind in aller Munde. Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen nehmen in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung zu. Daher sind auch Unternehmen bemüht, öffentlich eine positive oder neutrale Umweltbilanz ihrer Produkte oder Dienstleistungen hervorzuheben. Die Etiketten „grün“ und „nachhaltig“ sind zu wichtigen Verkaufsargumenten geworden, da viele Verbraucher und Unternehmen ihre Kaufentscheidungen zunehmend auf Umweltaspekte stützen. Damit wächst aber auch der Druck auf Unternehmen, ambitionierte Aussagen zu ihren Nachhaltigkeitszielen zu treffen– und damit zugleich die Gefahr von Falschaussagen oder Aussagen „ins Blaue“ hinein.

Das Unternehmen läuft dann Gefahr, sich dem Vorwurf des „Greenwashings“ auszusetzen. Unter dem Begriff Greenwashing werden eine Vielzahl von möglichen Rechtsverstößen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit eine – bewusste oder fahrlässige – Täuschungshandlung ist. Greenwashing kann mithin rechtliche Konsequenzen haben – bis hin zur strafrechtlichen Haftung. Insbesondere wird damit die Praxis von Unternehmen erfasst, durch Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit ein umweltfreundlicheres, nachhaltigeres Image zu schaffen, als dies tatsächlich gerechtfertigt ist. Dies kann durch unvollständige oder irreführende Informationen geschehen, die dazu führen, dass Verbraucher und andere Stakeholder über die tatsächliche Umweltbilanz eines Unternehmens getäuscht werden.

Neue EU-Richtlinie muss bis 2026 umgesetzt werden

Es sollte daher gut überlegt sein, welche Aussagen in Bezug auf Nachhaltigkeit und grüne Produktionen im Unternehmenskontext gemacht werden. Um wettbewerbsfähig bleiben zu können ist es für Unternehmen jedoch schlicht nicht möglich, auf solche Angaben gänzlich zu verzichten. Diese Problematik hat das Europäische Parlament mit Blick auf die umweltbezogenen Aussagen von Unternehmen erkannt und die sogenannte Green Claims-Richtlinie (GCRL) verabschiedet. Ziel dieser Richtlinie ist, die Nachhaltigkeit in der EU zu fördern und Verbrauchern zu ermöglichen, bessere Entscheidungen in Bezug auf umweltfreundliche Produkte zu treffen. Dies ist zu begrüßen, da Unternehmen im Wettbewerb und Verbraucher im Rahmen der Kaufentscheidung von klaren Regeln profitieren werden. Die Richtlinie ist am 26. März 2024 in Kraft getreten und muss nun von den Mitgliedstaaten bis zum 27. März 2026 umgesetzt werden. 

Auf Unternehmen kommen strenge Regeln zu 

Allerdings gehen auch strenge Regelungen mit der GCRL einher. Unternehmen müssen ihre Umweltaussagen künftig unter anderem auf drei Ebenen sicherstellen: 

  • Begründung
  • Kommunikation und
  • Überprüfung

Vor der Veröffentlichung müssen die Aussagen wissenschaftlich fundiert, präzise und umfassend begründet werden. Unternehmen müssen darüber hinaus die Zulässigkeit ihrer Werbung mit umweltbezogenen Aussagen von einer unabhängigen Stelle, die jeweils von den Mitgliedstaaten zu bestimmen ist, vorab bestätigen lassen. Zudem ist es erforderlich, dass diese Aussagen von einer externen Prüfstelle zertifiziert werden, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Diese neuen Anforderungen stellen Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Besonders kleinere und mittelständische Betriebe könnten durch den erhöhten organisatorischen und finanziellen Aufwand an ihre Grenzen stoßen. 

Unternehmen sollten Maßnahmen zur Minimierung nachhaltigkeitsbezogener Risiken ergreifen

Werden jedoch Aussagen ohne eine hinreichende Begründung und Überprüfung im Sinne der Richtlinie getätigt ist die Gefahr hoch, mit Greenwashing- Vorwürfen konfrontiert zu werden. Dabei kann bereits die Erhebung einer Klage oder das Einleiten eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu erheblichen Reputationsschäden und hohen Verteidigungskosten führen, selbst wenn die Vorwürfe unbegründet sein sollten. Um diese Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen rechtzeitig Maßnahmen zur Risikoreduzierung ergreifen und Greenwashing als wichtiges Compliance-Thema betrachten. 

Unternehmen sollten sich auf diese neuen Herausforderungen vorbereiten, indem sie ihre internen Prozesse zur Erstellung und Überprüfung von Umweltaussagen anpassen. Dabei ist es wichtig, dass sie die rechtlichen Anforderungen genau kennen und ihre Compliance-Strategien anpassen. Zu empfehlen ist, nachhaltigkeitsbezogene Risiken in die unternehmensweite Risikoanalyse einzubeziehen und die rechtlichen Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene zu beobachten.

Gerne beraten wir Sie zu diesen Fragestellungen sowie weiteren Compliancethemen im Kontext von ESG und Nachhaltigkeit. Sprechen Sie uns an!