Seit Juni 2024 steht die Neuregelung des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) in Bezug auf die Betriebsratsvergütung fest. Seit Juli 2024 steht sie im Gesetz. Damit sollen die Rechtsunsicherheiten, die spätestens seit Januar 2023 bestehen, endgültig beseitigt werden.
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Der Bundestag hat am Freitag, den 28. Juni 2024 einstimmig die neuen Regelungen zur Vergütung von Betriebsräten beschlossen. Am 24. Juli 2024 wurde die gesetzliche Neuregelung verkündet und trat am 25. Juli 2024 in Kraft. Die Neuregelung ist eine gesetzliche Klarstellung der bisherigen Regelungen zur Betriebsratsvergütung.

Hintergrund der Neuregelung der Betriebsratsvergütung

Endgültiger Auslöser für die Debatte rund um die Vergütung von Betriebsräten war das sog. „Volkswagen-Urteil“ des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. Januar 2023
(Az. 6 Str. 133/22). Der BGH entschied, dass der objektive Tatbestand der Untreue erfüllt sein kann, wenn ein Mitglied des Betriebsrates ein überhöhtes Entgelt bekommt. Das kann einen Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot bedeuten. Die Folgen des Urteils waren neben Verunsicherungen auf Seiten der Unternehmen auch vorsorgliche Kürzungen der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern. So wollte man strafrechtlichen Konsequenzen entgehen. Mit der Neufassung des Betriebsverfassungsgesetzes sollen diese Rechtsunsicherheiten der Vergangenheit angehören.

Grundsätze der Betriebsratsvergütung 

Für die Bemessung der Betriebsratsvergütung sind verschiedene Prinzipien maßgebend.

Gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrates ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Für die Betriebsratstätigkeit selbst erhalten sie also keine Bezahlung. Hintergrund dieses Ehrenamtsprinzips ist es, die Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder zu sichern.

Damit Betriebsratsmitglieder aber nicht leer ausgehen, gilt das Lohnausfallprinzip. Das bedeutet, dass Betriebsratsmitglieder für ihre Betriebsratstätigkeit von ihrer beruflichen Tätigkeit unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgeltes freigestellt werden. Sie erhalten während der Freistellung also das Arbeitsentgelt, das sie erhalten hätten, wenn sie regulär gearbeitet hätten.

Weiterhin gilt, dass Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürften. Eine Benachteiligung bzw. Begünstigung liegt dann vor, wenn ein Betriebsratsmitglied aufgrund der Betriebsratstätigkeit im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund schlechter bzw. bessergestellt wird.

Es soll sichergestellt werden, dass Betriebsratsmitglieder durch die Übernahme des Amtes keine finanziellen Nachteile erleiden. Deshalb gewährt das Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsratsmitgliedern einen Mindestvergütungsanspruch. Danach darf das Arbeitsentgelt einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dieser Mindestentgeltschutz sichert das Betriebsratsmitglied für den Fall ab, dass es aufgrund der Ausübung des Amtes und der damit einhergehenden Freistellung nicht die übliche berufliche Entwicklung nimmt wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer.

Für die Bestimmung der Höhe des Arbeitsentgelts ist eine Vergleichsgruppe zu bilden.

Neuregelung der Betriebsratsvergütung

Ausgehend von diesen Grundsätzen dienen die Neuregelungen der Klarstellung der aktuellen Rechtslage.  Sie schreiben die Regelungen im Sinne des Ehrenamtsprinzips fort. Neue und zusätzliche Entgeltansprüche werden nicht geschaffen. Im Detail bedeutet das folgende Änderungen:

1. § 37 Abs. 4 BetrVG wird um die neuen Sätze 3 bis 5 ergänzt.

Mit dieser Neuregelung wird der Zeitpunkt für die Bestimmung der Vergleichsgruppe konkretisiert. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes abzustellen. Das gilt dann, wenn nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt. Wann ein solcher sachlicher Grund vorliegt, sieht das neue Gesetz nicht vor. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel, dass das Betriebsratsmitglied die Anforderungen einer höherdotierten Stelle erfüllt und einen Änderungsvertrag mit dem Arbeitgeber schließt. Fehlen in dem betreffenden Betrieb Vergleichspersonen, sind vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines anderen Betriebs heranzuziehen. Sofern auch dort keine Vergleichspersonen existieren, ist auf die nächstvergleichbare Arbeitnehmergruppe abzustellen und das Mindestentgelt zu schätzen.

Mit der Neuregelung wird darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet, in Betriebsvereinbarungen ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu regeln. Konkrete Kriterien für die Bestimmung der Vergleichbarkeit werden nicht vorgegeben. Die Gesetzesbegründung führt aus, dass dahingehend eine Orientierung an der Rechtsprechung erfolgen soll. Danach sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbar, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben und dafür in gleicher Weise wie das Betriebsratsmitglied fachlich und persönlich qualifiziert waren. Wird diese neu eröffnete Möglichkeit angewendet, kann dies von den Gerichten nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

2. § 78 BetrVG wird um einen neuen Satz 3 ergänzt.

Hiermit gibt der Gesetzgeber Kriterien vor, an denen sich eine benachteiligungs- und begünstigungsfreie Entgeltgewährung orientieren kann. Nach der Gesetzesbegründung ist es zulässig, bei einer Stellenbesetzung auch die durch und während der Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass diese im Unternehmen auch außerhalb des Betriebsratsamtes für die jeweilige Stelle karriere- und vergütungsrelevant sind. Fähigkeiten, die unzulässigerweise an die Betriebsratstätigkeit anknüpfen, dürfen nicht berücksichtigt werden. Dazu zählen beispielsweise das Verhandeln mit Vorständen und Managern auf Augenhöhe oder die Einbindung in unternehmerische Entscheidungskomplexe.

Konsequenzen der Neuregelung der Betriebsratsvergütung

Ob durch die Neuregelungen alle Rechtsunsicherheiten beseitigt werden können, ist zweifelhaft.  Die Überprüfung der Betriebsratsvergütung sollte in Unternehmen sehr genau passieren.  Immerhin stehen strafrechtliche Konsequenzen für das Management im Raum. Im Einzelfall empfehlen wir, in Betriebsvereinbarungen ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu regeln. Sollten Sie Fragen dazu haben oder Unterstützung benötigen, sprechen Sie uns jederzeit gerne an.

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