Ein neuer Bericht der OECD bestimmt die Margen für Basisvertriebs- und Kommissionsgeschäfte mit begrenztem Risiko. Der Bericht wird als Anhang den OECD-Leitsätzen beigefügt. Derzeit ist noch unklar, ob Deutschland die Regeln anwenden wird.
INHALTE

OECD-Abschlussbericht zu Pillar I Amount B

Am 19. Februar veröffentlichte die OECD den Abschlussbericht zu Pillar I Amount B. Er bezieht sich auf Fälle von Basisvertriebstätigkeiten bzw. Marketingtätigkeiten mit begrenztem Risiko, z. B. auf die sogenannten LRD- oder Kommissionärsstrukturen. Ähnlich wie bei den bestehenden Leitlinien für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung enthält der Bericht Renditebandbreiten. Innerhalb dieser ist die Vergütung als fremdvergleichskonform anzusehen, solange bestimmte Kriterien erfüllt sind. Der Ansatz zielt darauf ab, die Anwendung der Verrechnungspreisvorschriften in Bezug auf solche Tätigkeiten zu vereinfachen. Der Verwaltungsaufwand soll so gesenkt werden und die Verlässlichkeit sowohl für die Steuerverwaltungen als auch für die Steuerpflichtigen sollen erhöht werden.

Buy-sell distribution (Routine-Vertrieb)

Der Ansatz kann auf Routine-Vertriebsgeschäfte (buy-sell distribution) angewendet werden. Hier werden Waren von nahestehenden Personen für den Großhandelsvertrieb an Dritte erworben, sowie auf Handelsvertreter- und Kommissionärsgeschäfte, bei denen der Handelsvertreter oder Kommissionär zum Großhandelsvertrieb an Dritte beiträgt.

Der Geltungsbereich ist auf den Großhandelsvertrieb von materiellen Gütern beschränkt. Er umfasst keine digitalen Güter, Dienstleistungen (einschließlich digitaler Dienstleistungen) oder Rohstoffe.

Damit eine Transaktion in den Anwendungsbereich des Ansatzes fällt, muss diese bestimmte Merkmale aufweisen, damit sie mit Hilfe einer einseitigen Verrechnungspreismethode (d. h. der TNMM) verlässlich bepreist werden kann. Dies bedeutet, dass die Vertriebsgesellschaft, der Handelsvertreter bzw. Kommissionär weder einzigartige und wertvolle immaterielle Güter besitzt noch wirtschaftlich bedeutende Risiken übernimmt. Die getestete Partei in der Transaktion darf außerdem keine jährlichen Betriebsausgaben haben, die über oder unter einer bestimmten Spanne liegen, die auf einem gewichteten Dreijahresdurchschnitt basiert.

Ansatz für In-Scope Transaktionen

Der vereinfachte Ansatz für In-Scope-Transaktionen folgt einem dreistufigen Verfahren:

  • Schritt 1 – Bestimmung der relevanten Branchengruppe aus den drei von der OECD festgelegten möglichen Gruppen. Wenn weniger als 80 Prozent der vertriebenen Produkte in eine einzige Branchengruppe fallen, sollte ein gewichteter Durchschnittsertrag für alle Branchengruppen berechnet werden.
  • Schritt 2 – Bestimmung der relevanten Faktorintensitätsklasse auf der Grundlage eines gewichteten Durchschnitts der drei vorangegangenen Geschäftsjahre. Die relevanten Faktorintensitäten sind die Intensität des Nettobetriebsvermögens (OAS) und die Intensität der Betriebsausgaben (OES).
  • Schritt 3 – Ermittlung aus der bereitgestellten Vergütungsmatrix die Spanne, die dem Schnittpunkt der Branchengruppierung(en) und der Faktorintensitätsklassifizierung der geprüften Partei entspricht.

In Schritt 3 werden die Branchengruppierung und die Faktorintensität verwendet, um die korrekte Umsatzrendite anhand einer vorgegebenen Matrix zu ermitteln, plus oder minus 0,5 Prozentpunkte.

Weitere Anpassungen können vorgenommen werden, wenn die ermittelte Umsatzrendite zu einer Betriebskostenrendite führt, die außerhalb einer bestimmten Bandbreite liegt. Auch wenn die getestete Partei in einem Land mit einem Kreditrating von BBB+ oder schlechter ansässig ist, ist eine Anpassung möglich.

Dokumentation bei In-Scope Transaktionen

Es wird davon ausgegangen, dass die für die Anwendung des vereinfachten Ansatzes relevanten Informationen bereits in der lokalen Dokumentation (Local File) enthalten sind. Wenn Steuerpflichtige den vereinfachten Ansatz zum ersten Mal anwenden möchten, sollten sie in der Dokumentation die Zustimmung zur Anwendung des Ansatzes für mindestens drei Jahre bekunden. Es sei denn, die Transaktionen fallen in diesem Zeitraum nicht mehr in den Anwendungsbereich oder es gibt wesentliche Änderungen der Geschäftsgrundlage.

OECD Pillar I - Anwendung der neuen Regeln zur Bestimmung des Amount B

Das Inclusive Framework der OECD/G20 arbeitet derzeit auch an einem zusätzlichen fakultativen qualitativen Scoping-Kriterium. So sollen ebenfalls solche Vertriebsgesellschaften dem vereinfachten Ansatz zugeführt werden, die nicht nur Basisvertriebstätigkeiten durchführen. Das Inclusive Framework plant, diese Arbeiten bis zum 31. März 2024 abzuschließen.

Die neuen Vorschriften sollen ab dem 1. Januar 2025 angewendet werden.

Der deutsche Gesetzgeber muss nun entscheiden, ob die Regeln übernommen werden. Entweder kann dies in Form eines Wahlrechts erfolgen oder die Regeln sind bei Erfüllung der Kriterien zwingend anzuwenden.  

Die Anwendung des Ansatzes in einem Land soll nach Maßgabe der OECD nicht bindend für das jeweils andere Land einer Transaktion sein. Wenn Steuerpflichtige demnach nach Anpassungen in einer Betriebsprüfung ein Verständigungsverfahren beantragen und eines oder mehrere Länder sich nicht für die Anwendung oder Akzeptanz des Ansatzes entschieden haben, kann der Ansatz nicht als Begründung herangezogen werden und die Steuerpflichtigen sollten ihre Position ausschließlich auf die lokalen Gesetze und/oder andere Teile der OECD-Leitsätze stützen.

Standardisierung des Amount B: Was jetzt zu tun ist

Es ist zu hoffen, dass die Standardisierung über den Amount B tatsächlich die angestrebte Verringerung der Verwaltungskosten und die Erhöhung der Steuersicherheit zur Folge hat. Dies wird umso wahrscheinlicher, je mehr Länder den Ansatz anerkennen und umsetzen. Bisher hat Deutschland noch nicht bestätigt, ob es den Ansatz anwenden wird.

Kontroversen im Zusammenhang mit dem Ansatz werden sich wahrscheinlich hinsichtlich der Qualifizierung einer Gesellschaft, der Branchengruppierung oder der Faktorintensität ergeben. Daher sollten Steuerzahler, die den Ansatz anwenden wollen, die Art der Aktivitäten der getesteten Partei gut dokumentieren. Zudem sollten Prozesse implementieret werden, die sicherstellen, dass die tatsächlichen Funktionen und Risiken der getesteten Partei mit dem dokumentierten Profil übereinstimmen. Prozesse, die die korrekte Anwendung des Ansatzes sicherstellen, sind ebenfalls entscheidend. So kann gewährleistet werden, dass die getestete Partei keine Renditen außerhalb der zulässigen Bandbreite erzielt.

Ebenso sollte ein Steuerpflichtiger, der umgekehrt die Anwendung des Ansatzes vermeiden möchte, darauf achten, die Gründe hierfür ausführlich zu dokumentieren. Diese können z. B. bestimmte Risiken oder das Eigentum an bedeutenden immateriellen Vermögenswerten sein. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn die Anwendung des Ansatzes obligatorisch ist.

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