Die EU treibt die Modernisierung des Umsatzsteuersystems mit der geplanten flächendeckenden Einführung der elektronischen Rechnungsstellung („E-Rechnung“) voran. In der praktischen Umsetzung gibt es allerdings große Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Wir beleuchten die zentralen Herausforderungen für global agierende Unternehmen und zeigen auf, wie Sie sicher durch die verschiedenen Umsetzungsvorhaben der einzelnen Länder navigieren können.
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Aktueller Stand der E-Rechnung in der EU

Die Initiative „VAT in the Digital Age – ViDA“ („Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter“) wurde von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen, um die E-Rechnung verpflichtend einzuführen. Dadurch soll einerseits das europäische Umsatzsteuersystem digitalisiert und andererseits die digitale Kooperation zwischen den Steuerbehörden gestärkt werden. Obwohl es nach der ECOFIN-Sitzung am 21. Juni 2024 noch immer keine finale Einigung über die ViDA-Initiative gibt, führen viele EU-Mitgliedstaaten bereits nationale Gesetze ein, um sich auf die regulatorischen Änderungen vorzubereiten. 

Italien ist dabei Vorreiter, hier wurde die e-Rechnung bereits 2019 verpflichtend für alle B2B-Transaktionen eingeführt und das System wurde seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Deutschland wird diesem Beispiel folgen und die elektronische Rechnungsstellung für inländische B2B-Transaktionen ab dem 1. Januar 2025 gesetzlich vorschreiben. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag. Frühere Einführungstermine gab es ursprünglich in Polen und Frankreich, diese mussten jedoch aufgrund von Anpassungsbedarf und Unsicherheiten bei der Implementierung und Ausführung verschoben werden. Nun ist in diesen Ländern eine stufenweise Einführung je nach Umsatzgröße der Unternehmen vorgesehen, mit einem planmäßigen Start in Polen ab Februar 2026 und in Frankreich ab Juli 2026. 

Ziele der ViDA-Initiative

Die ViDA-Initiative zielt in erster Linie auf die EU-weite obligatorische Einführung der e-Rechnung für den zwischenunternehmerischen Geschäftsverkehr (B2B-Transaktionen) bis 2030 ab. Zusätzlich umfasst die Initiative die Einführung digitaler Echtzeit-Berichterstattungspflichten (digital reporting obligations), welche die Unternehmen verpflichtet, den Steuerbehörden Umsatzsteuerdaten auf Transaktionsebene elektronisch zu übermitteln. Obwohl die Umsatzsteuer die wichtigste Steuereinnahmequelle für alle EU-Mitgliedstaaten ist, ist das derzeitige System anfällig für Ineffizienz und Steuerbetrug. Laut dem „VAT Gap Report 2023“ der Europäischen Kommission sind dem Fiskus im Jahr 2021 ca. 61 Milliarden Euro an Steuereinnahmen entgangen, schätzungsweise ein Viertel davon aufgrund von Steuerbetrug. Die genannten Maßnahmen sollen die Überwachung und Prüfung von steuerlichen Transaktionen erheblich verbessern und die jährlichen Verluste verringern.

Die Umstellung auf die e-Rechnung kann Unternehmen auch Vorteile bringen, wie beispielsweise einen geringeren Verwaltungsaufwand und eine effizientere Ressourcenverteilung zugunsten des Wachstums des Unternehmens. Auch der minimierte Papierverbrauch senkt nicht nur die Kosten, sondern trägt zudem zur ökologischen Nachhaltigkeit bei und hilft den Unternehmen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern. 

(Technische) Umsetzung und Herausforderungen

Die Unternehmen müssen auf den Eingang von Rechnungen in einem konformen und strukturierten Format (beispielsweise in XML oder ZUGFerd) vorbereitet sein, damit diese automatisch gelesen und verarbeitet werden können. Die erfolgreiche technische Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung erfordert eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Steuer- und der IT-Abteilung bei der Einrichtung der notwendigen Prozesse und Zuweisung der Verantwortlichkeiten, um die Buchhaltungs- und ERP-Software des Unternehmens vorzubereiten. Die rechtzeitige Implementierung der erforderlichen technischen Infrastruktur, sowie die Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit den neuen Systemen und im Verständnis der rechtlichen Anforderungen, müssen ebenfalls berücksichtigt werden. 

Insgesamt stellt die Umstellung insbesondere unsere global aufgestellten Mandanten vor die Herausforderung, sich auf ein digitales Umsatzsteuersystem in der gesamten EU vorzubereiten. Da sich die ViDA-Initiative noch in der Anfangsphase befindet, kommt es noch immer zu Änderungen in der Rechtslage, und auch die stufenweise Umsetzung erschweren die Durchdringung und Einhaltung der unterschiedlichen nationalen und EU-weiten Vorschriften. Um die lokale Compliance EU-weit zu gewährleisten, müssen aktuelle Entwicklungen an die nationalen Anforderungen stets im Blick behalten werden.

Komplexität und zentrale Steuerung durch Grant Thornton

Ein Überblick über die globalen Vorschriften und eine zentrale Steuerung kann internationalen Unternehmen dabei helfen, sicherer durch diese komplexe regulatorische Landschaft zu navigieren und in der digitalen Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Insbesondere, da lokale Gesellschaften oft selbst für ihre Compliance verantwortlich sind, wird die zentrale Koordination für Unternehmen zur Herausforderung. 

Unsere Global Compliance & Reporting Service Line nutzt das umfassende globale Grant Thornton Netzwerk, um Ihnen neben einer zentralen Koordination Zugang zu lokalen Expertinnen und Experten zu bieten, die mit den regulatorischen Anforderungen und Besonderheiten der verschiedenen Länder vertraut sind. Grant Thornton entwickelt zudem für die verschiedenen lokalen Märkte technische und prozessuale Lösungen, die Ihnen die Umstellung von Rechnungen in Papierform zu elektronischen Rechnungen erleichtern. Unser Ziel bei Grant Thornton ist es, die optimale Lösung für Ihr Unternehmen und Ihre Ambitionen zu finden. 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung!