Zwei Änderungen im Außensteuergesetz haben ab dem Veranlagungszeitraum 2024 Auswirkungen auf die Behandlung von konzerninternen grenzüberschreitenden Finanzierungstransaktionen und sollten unbedingt beachtet werden. Wir stellen die neuen Vorschriften vor.
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Am 28. März 2024 ist das Wachstumschancengesetz in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz wurden zwei Änderungen in § 1 AStG eingeführt, die ab dem Veranlagungszeitraum 2024 Auswirkungen auf die Behandlung von konzerninternen grenzüberschreitenden Finanzierungstransaktionen haben. Der neue Absatz 3d legt Kriterien für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen fest, welche auf dem Gruppenrating basieren bzw. aus diesem abgeleitet werden sollen. Der neue Absatz 3e orientiert sich an den OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022 hinsichtlich funktions- und risikoarmer Finanzierungstätigkeiten im Konzernverbund.

Nach mehreren Anläufen hat der Gesetzgeber am 22. März 2024 eine überarbeitete Fassung des Wachstumschancengesetzes beschlossen. Der Umfang des endgültigen Gesetzes wurde im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf deutlich reduziert. Insbesondere die Zinshöhenschranke hat nicht den Weg in das Gesetz geschafft. Dennoch wurden Änderungen in § 1 AStG aufgenommen (Absätze 3d und 3e), die Auswirkungen auf die Behandlung von Finanzierungstransaktionen ab dem Veranlagungszeitraum 2024 haben. 

Neue Vorschriften haben Auswirkungen auf Finanzierungstransaktionen

Der neue Absatz 3d sieht für konzerninterne grenzüberschreitende Finanzierungstransaktion mit inländischem Schuldner vor, dass die Zinshöhe nur dann dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass  

  • der Kapitaldienst (Zins- und Tilgung) von Anfang an über die gesamte Laufzeit geleistet werden kann (Schuldentragfähigkeitstest), und
  • die Finanzierung wirtschaftlich benötigt wird und dem Unternehmenszweck dient (Geschäftszwecktest).

Darüber hinaus darf der Zinssatz für grenzüberschreitende konzerninterne Finanzierungen nicht über dem Zinssatz liegen, zu dem sich die Gruppe gegenüber Dritten refinanzieren kann. Es sei denn, es wird im Einzelfall nachgewiesen, dass ein vom Gruppenrating abweichendes, aber daraus abgeleitetes Kreditrating dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Hiermit verlagert der Gesetzgeber die Beweislast für einen Nachweis der Fremdüblichkeit vollständig auf den Steuerpflichtigen. Mit dieser Formulierung scheint der Gesetzgeber zu implizieren, dass lediglich der externe Zinssatz der Gruppe dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Der Gesetzgeber unterstellt damit, dass unverbundene Dritte nur diesen Zinssatz als Risikokompensation verlangen würden – unabhängig vom individuellen Kreditrisiko des Darlehensnehmers. 

Der neue Absatz 3e orientiert sich im Wesentlichen an den Empfehlungen des Kapitels X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022. Dieser Absatz sieht vor, dass es sich regelmäßig um funktions- und risikoarme Dienstleistungen handelt, wenn Finanzierungstransaktionen innerhalb der Gruppe lediglich weitergeleitet oder vermittelt werden. Dies betrifft in erster Linie Durchleitkredite bzw. Cash Pool Strukturen. Eine Öffnungsklausel erlaubt den Nachweis einer funktions- und risikointensiveren Tätigkeit.

Konfliktpotenzial in Betriebsprüfungen

Insbesondere durch die Vorschriften im Absatz 3d sehen wir Konfliktpotenzial in zukünftigen Betriebsprüfungen. Um diesen zu begegnen, empfehlen wir hinsichtlich des Nachweises der Kapitaldienstfähigkeit über die gesamte Darlehenslaufzeit, das Kreditrating künftig nicht rein auf Basis von historischen Daten zu ermitteln, sondern für die Erstellung ebenfalls Plandaten hinzuzuziehen. Im Idealfall erstreckt sich der Planungshorizont über die gesamte Darlehenslaufzeit. In der Praxis wird dies allerdings häufig nur für kurz- oder mittelfristige Darlehen möglich sein. Des Weiteren empfehlen wir die wirtschaftliche Notwendigkeit der Finanzierung im Rahmen der Verrechnungspreisdokumentation detailliert zu diskutieren („Fremdüblichkeit dem Grunde nach“).

Sofern die Zinsbestimmung nicht ohnehin auf Basis des Gruppenratings erfolgt, empfehlen wir, dieses künftig regulär zu ermitteln, um eine Risikoabschätzung aufgrund von signifikanten Abweichungen zwischen Gruppen- und Einzelrating zu ermöglichen. Bei unvereinbaren Risikopositionen zwischen Gruppen- und Einzelrating sehen wir ein hohes Risiko, dass ein vom Gruppenrating abgeleitetes Rating (zum Beispiel durch einen vereinfachten Notching Ansatz) nicht der Risikobewertung von fremden Dritten entspricht. Dies könnte beispielsweise bei einem multinationalen diversifizierten Großkonzern (Gruppenrating) und einer konzerninternen Einzelprojektgesellschaft mit hohen operativen Risiken (Einzelrating) der Fall sein.

Umstände des Einzelfalls und Ableitung des Ratings dokumentieren

Da die Gesetzesbegründung keine weiteren Hinweise beinhaltet, ist derzeit unklar, wie diese potenziell weitreichenden neuen Regeln und die Öffnungsklausel zum im Einzelfall abgeleiteten Rating zu interpretieren sind. Dies gilt insbesondere für die Frage, wie weit ein Einzelrating vom Gruppenrating abweichen darf, um im Einzelfall noch als „abgeleitetes“ Rating im Sinne des Gesetzgebers zu gelten. Wir empfehlen, sowohl die Umstände des Einzelfalls als auch die Ableitung des Ratings ausführlich zu dokumentieren. Das Betriebsprüfungsrisiko besteht hier in einer Anpassung des fremdüblichen Zinssatzes auf den externen Refinanzierungszinssatz der Gruppe.