Die IFRS-Bilanzierung von Power Purchase Agreements (PPAs) ist komplex. Schon kleine Vertragsänderungen können den Anwendungsbereich beeinflussen. Eine frühzeitige Analyse ist essenziell.
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Power Purchase Agreements (PPAs) sind ein essenzieller Bestandteil in der langfristigen und nachhaltigen Absicherung des Strombedarfs durch erneuerbare Energien. Doch ihre Bilanzierung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) gestaltet sich mitunter herausfordernd. Während es klare Leitplanken gibt, können bereits kleine Änderungen in den Vertragsbedingungen des PPAs dazu führen, dass der Vertrag in einen anderen IFRS-Anwendungsbereich fällt. Unternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen über einen PPA beziehen, sollten daher ihre Verträge detailliert analysieren, um die korrekte Bilanzierung sicherzustellen.

Drei potenzielle Bilanzierungsansätze nach IFRS

Grundsätzlich gibt es drei mögliche IFRS-Ansätze für die Bilanzierung von PPAs. Die Prüfung erfolgt dabei hierarchisch:
Erstens kann ein PPA als Leasing nach IFRS 16 behandelt werden, wenn der Vertrag eine bestimmte Stromerzeugungsanlage definiert, dem Käufer der gesamte wirtschaftliche Nutzen zukommt und dieser Einfluss auf deren Nutzung hat. Zweitens kann ein PPA nach IFRS 9 behandelt werden, wenn der Abnehmer den PPA wie ein Derivat nutzen kann – zum Beispiel  durch Erfüllung des PPAs über einen Nettoausgleich, Kopplung der Wertentwicklung an eine Referenzvariable sowie Fehlen von Initialzahlungen bei Vertragseintritt. Drittens kann ein PPA, welches allein  dem Eigenbedarf dient und physisch erfüllt wird, unter bestimmten Voraussetzungen in den Anwendungsbereich des IAS 37/IFRS 15 (Eigenbedarfsausnahme) fallen. In dem Fall handelt es sich um ein schwebendes Geschäft, deshalb  gilt der Anwendungsbereich des IAS 37 für belastende Verträge.

Kleine Vertragsänderungen, große (mögliche) Wirkungen

Obwohl die dargelegten IFRS-Anwendungsbereiche einen recht klaren Behandlungsrahmen stecken, können selbst kleine Änderungen in Vertragsbestandteilen große bilanzielle Folgen haben – zum Beispiel bei der Bestimmung des Lieferprofils („as produced“, „as nominated“, „baseload“), dem Vertragszweck oder dem Umgang mit Überschussmengen. Auch die Abgrenzung zwischen physischen und virtuellen PPAs (VPPAs) ist relevant: Letztere werden in der Regel nicht als Leasing oder gemäß der Eigenbedarfsausnahme bilanziert. Ein weiterer Aspekt ist die Behandlung von Herkunftsnachweisen, die in bestimmten Fällen separat bilanziert werden können.

Die Herausforderung der Eigenbedarfsausnahme

Die Eigenbedarfsausnahme erlaubt es, PPAs außerhalb des IFRS 9 zu bilanzieren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Vertrag muss ausschließlich auf den eigenen Energiebedarf ausgerichtet sein, physisch erfüllt werden, darf keine Gewinnerzielung bezwecken und keine regelmäßige Barausgleichsoption oder Gegengeschäfte enthalten. Diese Anforderungen sind in der Praxis oft herausfordernd – vor allem wegen der Volatilität bei erneuerbaren Energien. Ab dem 1. Januar 2026 treten jedoch Änderungen im IFRS 9 in Kraft, die diese Ausnahme präzisieren und den Anwendungsbereich erweitern – mit vorzeitiger Anwendungsmöglichkeit.

Fazit: Detailgenaue Analyse erforderlich

Die Bilanzierung von PPAs nach IFRS ist nicht trivial. Es gibt definierte Anwendungsbereiche – doch deren Beurteilung hängt stark von den Vertragsdetails ab. Bereits kleine Änderungen können zu erheblichen Verschiebungen im Bilanzierungsrahmen führen. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit der Vertragsgestaltung von PPAs auseinandersetzen und dabei auch die bilanziellen Konsequenzen im Blick haben.

Dieser Beitrag wurde von unseren Experten Anika Bücker, Dr. Alexander Budzinski und Liz Sophie Semmo verfasst.