Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD wurde nach intensiven Verhandlungen am 9. April 2025 vorgelegt. Auf 144 Seiten werden Ziele und Maßnahmen für die kommenden vier Jahre beschrieben. Nach der ersten Sichtung ist es nun Zeit für eine erste Analyse aus Sicht der kommunalen Telekommunikationswirtschaft. Hier zeigt sich: Es bestehen Chancen bei Glasfaserausbau, Rechenzentren und Cybersicherheit.
INHALTE

Starker Fokus auf Digitalisierung und Glasfaserausbau

Der Vertrag legt einen starken Fokus auf die Digitalisierung und den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland. Besonders interessant ist die Hervorhebung des Glasfaserausbaus und die Stärkung von Rechenzentren. Neben den allgemeinen unternehmerischen Erleichterungen wie den „Super-Abschreibungen“ und der geplanten Absenkung der Körperschaftsteuer werden außerdem die finanzielle Autonomie und Entlastung der Kommunen betont.

Durch die Kombination dieser Maßnahmen könnten sich neue Möglichkeiten für Kommunen und kommunale Unternehmen ergeben, um künftig als Treiber der Digitalisierung und der lokalen Wirtschaft zu agieren.

Glasfaserausbau als zentrales Element der Digitalstrategie

Der Glasfaserausbau ist das zentrale Element der digitalen Infrastrukturstrategie. Der Vertrag betont das Prinzip „Markt vor Staat“, wobei Förderprogramme weiter zum Einsatz kommen sollen. Die entsprechenden Passagen des Vertrages sind interessant für glasfaserausbauende Unternehmen:

  • Förderbedingungen (möglicherweise auch im Rahmen der Gigabitförderung) sollen entbürokratisiert werden. Förderbestimmungen und Zweckverwendungsnachweise sollen deutlich reduziert und Fördermittel ggf. pauschal zugewiesen werden

  • Ein wirksames Beschleunigungsgesetz soll den Glasfaserausbau als überragendes öffentliches Interesse definieren und damit Ausbauhindernisse und Bürokratie abbauen

  • Mehrfach wird auf das Ziel einer Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren hingewiesen

  • Besonders interessant: Die neue Bundesregierung strebt ein Konzept für die Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze an

Rechenzentren als Wachstumsfeld: Standort Deutschland stärken

Deutschland soll zudem als Leuchtturm Europas für Rechenzentren etabliert werden. Der Ausbau von Rechenzentren soll deshalb beschleunigt und der Betrieb durch praxisnahe Auslegung oder Novellierung von Vorschriften erleichtert werden. Auch hier bieten sich möglicherweise zukunftsweisende Gelegenheiten zur Erweiterung der Wertschöpfung vor Ort. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen sich aus der geplanten Digitalisierungsoffensive von Stromnetzbetreibern ergeben, die durch Transparenz über Netzanschlusskapazitäten die Planung und Integration von Rechenzentren in das Stromnetz erleichtern sollen. Optionen zur geplanten Nutzung von Abwärme zur Einspeisung in Fernwärmenetze wurden dabei auch in der Vergangenheit häufig diskutiert, gestalteten sich in der Umsetzung jedoch häufig kompliziert und wenig planbar.

Sondervermögen für Investitionen: Was auf Kommunen zukommen, könnte

Hinsichtlich des geplanten Errichtungsgesetzes zum Sondervermögen steht eine Definition von Zielen und Investitionsfeldern noch aus. Für Länder und Kommunen ist ein Anteil von 100 Milliarden Euro vorgesehen, der jedoch auf verschiedenste Investitionsfelder zu verteilen sein wird. Mit dem Sondervermögen einhergehen soll außerdem eine Beschleunigung von Planung und Genehmigung sowie der Beschaffung bzw. Vergabe von Projekten aus dem Sondervermögen.

Stadtwerke und kommunale Unternehmen als Rückgrat der Daseinsvorsorge

Kommunale Unternehmen werden als Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge wertgeschätzt. Deshalb plant die neue Regierung, sich auf europäischer Ebene für die Einbeziehung von Stadtwerken in den KMU-Begriff einzusetzen. Das könnte tatsächlich zu einer allgemeinen Erleichterung beitragen, beispielsweise im Hinblick auf die Nachhaltigkeitspflichten oder bei der Festlegung von Finanzierungskonditionen. Ziel soll es sein, Kommunen und Energieversorgern Planungssicherheit und einen attraktiven Investitionsrahmen zu unterbreiten. In diesem Zusammenhang ist auch eine Anpassung des Rechtsrahmens für den Querverbund angedacht, um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern.

Cybersicherheit als zentrale Aufgabe für Infrastrukturunternehmen

Nicht zuletzt zeigt der Koalitionsvertrag eine zunehmende Bedeutung von Cybersicherheit, die in einer nationalen Cybersicherheitsstrategie mit entsprechenden Rollen- und Aufgabenverteilungen operationalisiert werden soll. Die konkrete Auslegung im Hinblick auf Infrastrukturunternehmen bleibt derzeit noch offen. Zu erwarten ist jedoch, dass ein zunehmendes Augenmerk auf die spezifischen Sicherheitskonzepte und -richtlinien sowie Notfallkonzepte gerichtet werden wird.

Fazit: Glasfaser, Rechenzentren und Resilienz als Zukunftsfaktoren für Kommunen

In der Gesamtsicht enthält der Koalitionsvertrag interessante Ansatzpunkte für Kommunen und kommunale Unternehmen, sowohl Aspekte der Daseinsvorsorge als auch des unternehmerischen Handelns zu stabilisieren und neue Opportunitäten zu nutzen. Die Attraktivität des Glasfaserausbaus sowie die mögliche Erweiterung der digitalen Geschäftstätigkeit im Hinblick auf Rechenzentren werden aus unserer Sicht gestärkt. Gleichwohl ist mit neuen Herausforderungen insbesondere hinsichtlich der Sicherstellung digitaler Resilienz zu rechnen, was auch der geänderten geopolitischen Lage Rechnung tragen dürfte.