In der Regel unterliegt der Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (Anteilen an Personengesellschaften) nicht der Gewerbesteuer. Nach dem BFH-Urteil (Aktenzeichen IV R 26/22) vom 21. November 2024 gilt dieser Grundsatz in bestimmten Konstellationen jedoch nicht mit der Folge, dass der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Die Gewerbesteuer trifft in diesen Fällen nicht die veräußernde Person, sondern die Personengesellschaft. Das kann zu unerwünschten Belastungen der nicht an der Veräußerung beteiligten Gesellschafter führen.
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Grundsatz: Gewerbesteuer bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen

Veräußern Gesellschafter in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft oder der Personengesellschaft Anteile an einer Personengesellschaft (Mitunternehmeranteile), dann unterliegen die Gewinne aus der Veräußerung der Gewerbesteuer (§ 7 Satz 2 GewStG).

Die Gewerbesteuer, die anlässlich der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen ausgelöst wird, entsteht in diesen Fällen nicht bei dem veräußernden Gesellschafter, dessen Disposition die Steuer ausgelöst hat. Sie entsteht vielmehr bei der Gesellschaft, deren Anteile veräußert wurden. Dies führt zu unerwünschten Effekten, da auch diejenigen Gesellschafter, die ihre Anteile nicht veräußert haben, wirtschaftlich durch die Gewerbesteuer belastet werden.

Soweit es sich bei den Veräußerern bzw. den verbliebenen Gesellschaftern um natürliche Personen handelt, ist die auf sie entfallende Gewerbesteuer grundsätzlich auf die persönliche Einkommensteuer anrechenbar. Die Anrechnung kann allerdings im konkreten Fall erheblichen Einschränkungen unterliegen. Handelt es sich dagegen um Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften, ist die auf diese entfallende Gewerbesteuerbelastung definitiv.

Ausnahme: Veräußerung durch natürliche Personen

Keine Gewerbesteuer entsteht dagegen, wenn

  • eine unmittelbar an der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) beteiligte
  • natürliche Person
  •  ihren gesamten Mitunternehmeranteil
  •  aufgibt oder veräußert.

Ob die Veräußerung des Anteils durch eine natürliche Person erfolgt, kann in bestimmten Konstellationen für das Steuerrecht unterschiedlich vom Zivilrecht zu beurteilen sein. Ist nach steuerrechtlichen Kriterien eine Veräußerung durch eine natürliche Person zu verneinen, dann ist dieser Vorgang gewerbesteuerpflichtig, ungeachtet der Tatsache, dass nach zivilrechtlichen Grundsätzen eine natürliche Person veräußert hat.

Abweichende steuerliche Beurteilung bei BFH-Urteil IV R 26/22

Eine solche abweichende steuerliche Beurteilung hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 21. November 2024 (Aktenzeichen IV R 26/22) getroffen, dem folgender (verkürzter) Sachverhalt zugrunde liegt.

Die natürliche Person W war als Kommanditist (Hauptbeteiligter) an einer GmbH & Co. KG beteiligt. Der Kommanditanteil des W war zu rund 65% durch eine Unterbeteiligung der natürlichen Person F belastet. Die Unterbeteiligung war so ausgestaltet, dass F - bezogen auf seinen Anteil - in gleichem Maße an dem wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der GmbH & Co. KG beteiligt war wie W und auch auf dessen Stimmverhalten bei der GmbH & Co. Einfluss nehmen konnte. Nachdem F verstarb, fiel seine Unterbeteiligung in seine Erbengemeinschaft bestehend aus fünf Kindern.

Zum Ende des Jahres 2014 veräußerte W seinen gesamten Kommanditanteil. Dieser Vorgang führte gleichzeitig zum Untergang der Unterbeteiligung der Erbengemeinschaft an dem Kommanditanteil. Die Unterbeteiligung vermittelte keine dingliche Mitberechtigung an dem Kommanditanteil, sondern wirkte nur schuldrechtlich, also zwischen W und der Erbengemeinschaft. Damit konnte die Unterbeteiligung nicht auf den Käufer des Kommanditanteils übergehen. W hatte den auf die Unterbeteiligung entfallenden Anteil an dem Veräußerungserlös an die Erbengemeinschaft auszukehren.

Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass sowohl der Aufgabegewinn der Unterbeteiligten als auch der Veräußerungsgewinn des W auf der Ebene der GmbH & Co. KG der Gewerbesteuer unterliegen. Demgegenüber ging die GmbH & Co. KG insoweit von einer Gewerbesteuerfreiheit aus. Der BFH gab der Finanzverwaltung recht.

Nach der Auffassung des BFH lag das für eine Gewerbesteuerfreiheit notwendige Tatbestandsmerkmal Veräußerung eines Mitunternehmeranteils „durch eine natürliche Person“ weder im Hinblick auf die Erbengemeinschaft noch bezüglich des W vor.

Zivilrechtlich bildeten der W und die unterbeteiligte Erbengemeinschaft eine Innengesellschaft. Für steuerliche Zwecke stellt diese Unterbeteiligungsgesellschaft eine eigene Mitunternehmerschaft in Form einer sogenannten atypischen Unterbeteiligung dar. Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft war in dem konkreten Fall aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Unterbeteiligung zu bejahen, denn die Unterbeteiligten konnten in Bezug auf den Kommanditanteil Mitunternehmerinitiative entfalten und trugen Mitunternehmerrisiko.

Der Kommanditanteil an der GmbH & Co. KG war unter diesen Voraussetzungen steuerlich nicht dem W bzw. der Erbengemeinschaft, sondern der atypischen Unterbeteiligungsgesellschaft zuzurechnen. Die atypische Unterbeteiligung kann zwar als Innengesellschaft kein Gesamthandsvermögen bilden, jedoch ist der Kommanditanteil aufgrund der schuldrechtlichen Bindung dieser steuerlich zuzurechnen.

Unter diesen Voraussetzungen hat somit in der steuerlichen Betrachtung nicht W, sondern die atypische Unterbeteiligung den Mitunternehmeranteil veräußert. Diese gilt als Mitunternehmerschaft, weswegen die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch eine unmittelbar beteiligte natürliche Person in Bezug auf W (dieser hielt den Kommanditanteil mittelbar über die Unterbeteiligungsgesellschaft) und auch in Bezug auf die Erben (diese hielten den Anteil an der Kommanditbeteiligung mittelbar über die Erbengemeinschaft) zu verneinen war. Die Gewerbesteuer trägt insoweit die GmbH & Co. KG, deren Kommanditanteil übertragen wird.

Insbesondere weist der BFH auch darauf hin, dass ohne eindeutige gesellschaftsvertragliche Regelung für den Fall der Anteilsveräußerung fraglich sei, ob eine Verpflichtung des Gesellschafters zum Ausgleich der nach § 7 Satz 2 GewStG entstehenden Gewerbesteuerbelastung bestehe. Eine solche Vereinbarung muss daher in der Praxis – soweit gewollt – ausdrücklich getroffen werden.

Fazit: Gewerbesteuer und Mitunternehmeranteile – Was Gesellschafter jetzt wissen müssen

Gerade weil es sich um Innengesellschaften handelt, sind atypisch stille Unterbeteiligungen in vielen Fällen für die Personengesellschaft nicht erkennbar. Es empfiehlt sich daher, Gewerbesteuerklauseln in den Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft aufzunehmen. Solche Klauseln können eine Gewerbesteuerbelastung für die Personengesellschaft nicht verhindern. Sie können aber im Rahmen der Gewinnverteilung sicherstellen, dass nur die Gesellschafter mit dem Gewerbesteueraufwand belastet werden, die ihn tatsächlich ausgelöst haben.

Aktuelle Beratungshinweise – kurz notiert

Keine erweiterte Grundbesitzkürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes im Laufe des Erhebungszeitraums: Für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, besteht die Möglichkeit, die sogenannte erweiterte Grundbesitzkürzung (§ 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG) in Anspruch nehmen. Damit können die Gewinne aus der laufenden Vermietung von Immobilien, aber auch Veräußerungsgewinne gewerbesteuerfrei gestellt werden. Die Inanspruchnahme dieser Steuervergünstigung ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Unter anderem ist sie nur dann zu gewähren, wenn der Unternehmer während des gesamten Erhebungszeitraums den von § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG begünstigten Tätigkeiten nachgegangen ist. Diese Voraussetzung ist nach dem BFH-Urteil vom 17.10.2024 (III R 1/23) nicht erfüllt, wenn ein Unternehmer seinen gesamten Grundbesitz mit Wirkung „zu Beginn des 31.12.“ veräußert. Anders wäre dies allerdings bei einer Veräußerung mit Ablauf des 31.12.

Erweiterte Grundbesitzkürzung und Betriebsverpachtung: Nach dem Urteil des BFH vom 30.10.2024 (IV R 19/22) ist eine Betriebsverpachtung nicht schädlich für die erweiterte Grundbesitzkürzung, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich dabei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt. In dem entschiedenen Fall umfasste die Vermietung ein ehemals betrieblich genutztes Objekt mit sämtlichen baulichen Anlagen und dem gesetzlichen Zubehör, u.a. eine Werkstatthalle, jedoch keine Betriebsvorrichtungen oder Betriebsinventar.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von Aufwendungen für Out of Home-Werbung: Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten erhöhen den Gewerbeertrag um 6,25% (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG). Eine solche Überlassung liegt nicht vor, wenn eine mit der Mediaplanung beauftragte Spezialagentur aus ihren Verträgen mit Werbeträgeranbietern keine Ansprüche ableiten kann, die über die Erfüllung der Verpflichtung zum Sichtbarmachen von Werbung hinausgehen und eine Abwehrbefugnis gegenüber Dritten enthalten. Es fehlt in diesem Fall an der notwendigen geschützten Abwehrposition (vgl. BFH-Urteil vom 17.10.2024, III R 33/22).

Pensionsrückstellungen für beitragsorientierte Leistungszusagen ohne garantierte Mindestversorgung: Laut BFH darf auch bei wertpapiergebundenen Versorgungszusagen, die keine garantierte Mindestleistung enthalten, eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG gebildet werden. Damit widerspricht der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung, die in diesen Fällen die Bildung einer Pensionsrückstellung bereits dem Grunde nach versagt. Hinsichtlich der Höhe der Pensionsrückstellung ist laut BFH zwischen Beiträgen des Arbeitgebers und Beiträgen des Arbeitnehmers im Wege der Entgeltumwandlung zu unterscheiden. Vgl. BFH-Urteil vom 04.09.2024 (XI R 25/21).