Am 29. August 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Innenumsätze innerhalb einer umsatzsteuerlichen Organschaft auch dann nicht steuerbar sind, wenn sie entgeltlich an den hoheitlichen Bereich des Organträgers erbracht werden. Auch eine Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG entfällt in diesen Fällen.
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Der Beitrag wurde verfasst von unseren Experten Peter Binger, Meike Weichel, Jonas Prieß

Im Urteilsfall war Klägerin eine Stiftung öffentlichen Rechts, die Trägerin einer Universität war. Die Klägerin unterhielt neben ihrem Hoheitsbereich verschiedene Betriebe gewerblicher Art (BgA). Unter anderem unterhielt sie auch einen Krankenhausbetrieb, dessen Leistungen umsatzsteuerfrei waren. Die U-GmbH, deren umsatzsteuerlicher Organträger die Klägerin war, erbrachte im Streitjahr verschiedene Dienstleistungen gegen Entgelt, unter anderem Reinigungsleistungen, sowohl für die BgAe der Klägerin als auch für deren hoheitlichen Bereich. Die entsprechenden Zahlungen unterlagen aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht der Umsatzsteuer. 

Das zuständige Finanzamt (FA) bestätigte nach der Außenprüfung, dass eine umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorliegt und behandelte aufgrund dessen die Innenumsätze zunächst als steuerfrei. Es nahm jedoch hinsichtlich der an den Hoheitsbereich erbrachten Leistungen eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG an und setzte hierauf Umsatzsteuer fest. Das Finanzamt begründete dies damit, dass insoweit unternehmensfremde Tätigkeiten vorlägen. Das angerufene Finanzgericht entschied im ersten Rechtszug, dass nicht steuerbare Innenumsätze und keine unentgeltliche Wertabgabe vorlägen. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein. Zur Begründung führte es aus, die Entnahmebesteuerung solle verhindern, dass selbstversorgende Unternehmen gegenüber anderen Verbrauchern, die dieselben Dienstleistungen in Anspruch nehmen und Umsatzsteuer zahlen müssen, steuerlich bessergestellt würden.

BFH-Entscheidung: Organschaft umfasst auch den Hoheitsbereich

Der BFH stellte fest:

  • Die Organschaft umfasst auch die Leistungen an den hoheitlichen Bereich des Organträgers.
  • Die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Wertabgabe sind nicht erfüllt.
  • Nach EuGH-Rechtsprechung spielt es keine Rolle, ob der Empfänger vorsteuerabzugsberechtigt ist.
  • Entgeltliche Leistungen innerhalb einer Organschaft unterliegen nicht der Entnahmebesteuerung.

Das Urteil bestätigt damit, dass die Regelungen zur unentgeltlichen Wertabgabe nicht auf entgeltliche Leistungen innerhalb einer Organschaft übertragbar sind.

Auswirkungen und offene Fragen

Welche Folgen hat das Urteil für Unternehmen?

  • Innenumsätze innerhalb einer Organschaft bleiben auch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie an den hoheitlichen Bereich gehen.
  • Unternehmen müssen keine Entnahmebesteuerung befürchten, solange die Leistung gegen Entgelt erbracht wird.
  • Steuerpflichtige sollten ihre bestehenden Organschaftsstrukturen prüfen, um potenzielle steuerliche Risiken zu minimieren.

Noch ungeklärte Punkte:

Das Urteil wurde bislang nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Es ist unklar, ob die Finanzverwaltung die Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus anerkennen wird.
Welche Auswirkungen ergeben sich für andere Körperschaften des öffentlichen Rechts mit BgA und hoheitlichen Tätigkeiten?

Fazit & Handlungsempfehlung

Das BFH-Urteil stärkt die Position von Körperschaften des öffentlichen Rechts und schafft mehr Klarheit in der umsatzsteuerlichen Behandlung von Innenumsätzen innerhalb einer Organschaft. Unternehmen sollten prüfen, ob sie von dieser neuen Rechtsprechung profitieren können.

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