In zwei aktuellen Entscheidungen hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln sich mit der Gestaltung von Kündigungsrechten und Transparenzpflichten von Telekommunikationsdiensteanbietern befasst. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die von den Telekommunikationsunternehmen im Rahmen ihrer digitalen Prozesse zur Verfügung gestellten Informationen die Anforderungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sowie des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erfüllen. Was bedeuten die Entscheidungen für Verbraucher und Unternehmen? Und welche Anpassungen sind nun erforderlich?
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OLG Köln entscheidet in zwei Fällen zu Verbraucherrechten im Telekommunikationsrecht

Mit zwei Urteilen auf dem Gebiet des Telekommunikationsrechts vom 10. Januar 2025 (Aktenzeichen 6 U 68/24 und 6 U 68/24) hat das OLG Köln zentrale Anforderungen an den Internetauftritt von Telekommunikationsunternehmen („TK-Unternehmen“) verschärft. In beiden Entscheidungen gab das Gericht den klagenden Verbraucherverbänden Recht und betont damit die Notwendigkeit für TK-Unternehmen, ihre digitalen Prozesse im Hinblick auf Transparenz und Zugänglichkeit kritisch zu prüfen.

Erstes Urteil des OLGs: Kündigungen und Produktinformationsblätter

Die erste Entscheidung des Gerichts betrifft gleich zwei zentrale Anforderungen an den Internetauftritt von TK-Unternehmen: Die Gestaltung des Kündigungsprozesses sowie die korrekte Platzierung der nach § 52 TKG zu veröffentlichenden Produktinformationsblätter.

Ein Verbraucherverband hatte die Ausgestaltung des Kündigungsprozesses auf der Webseite eines TK-Unternehmens sowie die Veröffentlichung von Produktinformationsblättern zu Telekommunikationstarifen an einer bestimmten Stelle auf der Webseite beanstandet und das TK-Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das OLG hat im Berufungsverfahren dem Verbraucherverband nun in beiden Punkten Recht gegeben und die Beklagte antragsgemäß (unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro) zum Unterlassen verurteilt:

Ausgestaltung des Kündigungsprozesses

Zum 1. Juli 2022 wurde zur Erleichterung der elektronischen Kündigungen durch Verbraucher § 312k BGB eingeführt. Die Vorschrift betrifft nicht nur Unternehmen der Telekommunikationsbranche, sondern alle Unternehmer, die Verbrauchern ermöglichen, einen Vertrag über laufende Leistungen über eine Webseite zu schließen. § 312k BGB enthält genaue Vorgaben für die Ausgestaltung der Kündigungsschaltfläche und der Bestätigungsschaltfläche für die Kündigung (Kündigungsbutton). Entspricht die Ausgestaltung des Kündigungsprozesses nicht den gesetzlichen Anforderungen, können Verbraucher ihre Verträge fristlos kündigen, vgl. § 312k Abs. 6 BGB.

Die Anforderungen des § 312k BGB waren durch das beklagte TK-Unternehmen im Streitfall nicht eingehalten worden, so nun – entgegen der Vorinstanz – das OLG. Auf der Website des Unternehmens war nach einem Klick auf die Kündigungsschaltfläche erst nach der Eingabe weiterer Daten (insbesondere Vertragsdaten) der Kündigungsbutton erschienen. Das Gericht hat diese Gestaltung als „schrittweise Hinführung“ zu dem Kündigungsbutton bewertet, die nicht den Anforderungen des § 312k Abs. 2 S. 3 BGB entspricht.

In seiner Begründung hat sich das Gericht zunächst auf den Wortlaut von § 312k Abs. 2 BGB gestützt. Hiernach muss die Kündigungsschaltfläche „unmittelbar“ zu einer Bestätigungsseite führen, die die Bestätigungsschaltfläche enthält. Zudem hat das OLG mit dem Verbraucherschutz argumentiert: Bei einer gestuften Darstellung sei Verbrauchern möglicherweise nicht klar, wie viele Abfragen noch folgen werden, was sie von der Ausübung des Kündigungsrechts abhalten könnte. Entscheidend für das OLG Köln war, dass die Schaltfläche nicht bloß inaktiv („ausgegraut“) war, sondern vor Ausfüllen entsprechender Daten gar nicht erschienen ist.

Dass eine Kündigung ohne bestimmte Angaben ohnehin nicht wirksam sein könnte, hat das Gericht als Gegenargument nicht akzeptiert: Das Risiko, dass der Verbraucher die Daten nicht vollständig oder unzutreffend eingibt und hierdurch seine Kündigung unwirksam ist, wolle § 312k BGB diesem gerade nicht abnehmen.

Platzierung von Produktinformationsblättern 

Weiterer Streitpunkt war die genaue Platzierung der nach § 52 TKG zu veröffentlichenden Produktinformationsblättern auf der Website des TK-Unternehmens. Das TK-Unternehmen hielt die Veröffentlichung auf der Produktseite für ausreichend, die nach einem Klick auf einen bestimmten Tarif angezeigt wurde. Nach Auffassung des Verbraucherverbandes genügte dies hingegen nicht den Transparenzanforderungen des § 52 TKG: Die Produktinformationsblätter müssten bereits auf der Tarifübersichtsseite bereitgestellt werden.

Das Gericht ist auch in diesem Punkt der Rechtsauffassung des klagenden Verbands gefolgt und hat entschieden, dass die Produktinformationsblätter schon auf der Tarifübersichtsseite bereitgestellt werden müssen. 

Zur Begründung hat das OLG auf § 52 Abs. 4 und 6 TKG in Verbindung mit § 2 der TK-Transparenzverordnung (TKTransparenzV) abgestellt. Hiernach müssen die Produktinformationsblätter zur Erfüllung des Kriteriums der leichten Zugänglichkeit (vgl. § 2 Abs. 1 TKTransparenzV) an prominenter Stelle in dem Bereich verfügbar sein, in dem sich der Verbraucher vorrangig über die jeweiligen Angebote des Anbieters informiert. Im konkreten Fall waren auf der Produktübersichtsseite bereits die wesentlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung über den Tarif präsentiert. Daraus hat das Gericht den Schluss gezogen, dass die Produktübersichtsseite – und damit nicht die Produktseite, die erst nach einem Klick auf den Tarif erreichbar war – die prominente Stelle sei, an der sich der Verbraucher vorrangig informiert.

Zweites Urteil des OLGs: Routerkosten in der Vertragszusammenfassung?

Mit einem weiteren Berufungsurteil vom selben Tag hat das OLG Köln eine Verurteilung der Telekom Deutschland GmbH (Telekom Deutschland) durch das LG Köln bestätigt. Hiernach hat Telekom Deutschland es (bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro) zu unterlassen, Kunden nach Bestellung bestimmter Internet- und Festnetztarife eine Vertragszusammenfassung zur Verfügung zu stellen, in der die monatlichen Routerkosten nicht aufgeführt sind.

Die Vertragszusammenfassung stellt neben dem Produktinformationsblatt einen weiteren wichtigen Eckpunkt der Transparenzpflichten von TK-Unternehmen dar. Anders als die Produktinformationsblätter, die an prominenter Stelle veröffentlicht werden müssen (s.o.), ist die Vertragszusammenfassung dem Verbraucher individuell anlässlich eines konkreten Vertragsschlusses zur Verfügung zu stellen, vgl. § 54 Abs. 3 TKG.

Diese Vertragszusammenfassung – so nun das OLG – muss bei Bestellung eines Routers im Rahmen des Bestellvorgangs eines Internet- und Festnetztarifs auch die Kosten jenes Routers beinhalten.

Zur Begründung hat das Gericht auf § 66 TKG abgestellt. Nach dieser Vorschrift gelten gewisse Kundenschutzvorschriften des TKG – darunter auch die Pflicht zur Vertragszusammenfassung nach § 54 Abs. 3 TKG – für alle Elemente eines Dienstpaketes oder eines Dienst- und Endgerätepakets. Liegt ein solches Paket vor, muss die Vertragszusammenfassung also die Kosteninformationen für alle Elemente dieses Pakets enthalten.

Das Gericht hat im Streitfall ein solches Paket aus Tarif und Router angenommen, was bedeutet, dass alle Kosten des Pakets – inklusive der Routerkosten – in der Vertragszusammenfassung hätten angegeben werden müssen. Entscheidend für die Einordnung als Paket im Sinne des § 66 TKG war, dass sich die Auswahl des Routers bruchlos in den Bestellprozess des Tarifs eingefügt hatte. Weil im Streitfall zudem mit einer Routergutschrift bei Bestellung des Tarifs geworben worden war, konnte das Gericht offenlassen, ob darüber hinaus eine inhaltliche Verknüpfung der beiden Elemente bzw. Verträge für die Annahme eines Pakets erforderlich war.

Fazit: Was bedeutet das Urteil für Verbraucher und Anbieter?

Das Urteil des OLG Köln hat erhebliche Auswirkungen auf die Telekommunikationsbranche. Anbieter müssen ihre Prozesse überarbeiten, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und Bußgelder oder Abmahnungen zu vermeiden. Verbraucher profitieren hingegen von mehr Transparenz und einer einfacheren Vertragsbeendigung. Die Entscheidungen bestärken, dass Gerichte weiterhin großen Wert auf Kundenschutz legen und Anbieter verpflichtet sind, ihre Vertragsgestaltung und digitalen Prozesse zu optimieren.

Die rechtlichen Vorgaben zum Kundenschutz im Bereich der Telekommunikationsdienste stellen TK-Unternehmen nicht selten vor Herausforderungen. Auf dem Markt lässt sich beobachten, dass viele Unternehmen die detaillierten Regelungen nur unzureichend umsetzen – teils kalkuliert, teils aus Unkenntnis. Immer wieder kommt es daher zu außergerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Frage, inwieweit TK-Unternehmen insbesondere die Anforderungen des TKG und des Verbraucherschutzes nach dem BGB erfüllen:

Bei nicht rechtskonformer Gestaltung der digitalen Prozesse drohen nicht nur rechtliche Schritte von Wettbewerbern und Verbraucherverbänden nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) oder nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Darüber hinaus können die Verwaltungsbehörden auch Bußgelder in empfindlicher Höhe bis zu 4 % des geschätzten Jahresumsatzes verhängen, vgl. Artikel 246e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) und § 228 TKG.

Es erscheint für TK-Unternehmen daher zielführend, unter anderem auf ihre digitalen Prozesse und Vertragsregelungen einen kritischen Blick zu werfen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Prüfung Ihrer Prozesse und Vertragsunterlagen. Kontaktieren Sie unsere Experten, um rechtssicher gegenüber Ihren Endkunden aufzutreten.