Edge Computing gilt als eine der Schlüsseltechnologien, um Daten direkt an der Quelle zu verarbeiten. Für europäische Unternehmen aus den TMT-Sektoren (Technology, Media & Telecoms) eröffnen sich dadurch große Chancen – von 5G-gestützten Services bis zur Stärkung der Datensouveränität. Lesen Sie, wie Sie strategisch vorgehen, um diese Potenziale zu nutzen.
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Was ist Edge Computing und warum ist es für TMT relevant?

Edge Computing bezeichnet die dezentrale Datenverarbeitung nahe am Entstehungsort der Daten, statt in entfernten zentralen Rechenzentren. Dadurch werden Latenzzeiten reduziert, Bandbreite und Kosten gespart sowie Ausfallsicherheit erhöht. Angesichts rasant wachsender Datenmengen stößt das rein zentrale Cloud-Modell zunehmend an Grenzen.

Für TMT-Unternehmen ist Edge Computing besonders relevant. Telekommunikationsanbieter können auf diese Weise schnellere Dienste bereitstellen, Medienhäuser Inhalte wie Streams oder AR/VR-Anwendungen nahezu in Echtzeit ausliefern und Tech-Anbieter IoT- sowie KI-Anwendungen mit Millisekunden-Reaktionszeit betreiben. Zudem hilft Edge Computing, Datenschutzauflagen einzuhalten, indem sensible Daten vor Ort verbleiben und nicht in entfernte Clouds wandern. Edge Computing verbindet somit die Vorteile der Cloud und von 5G – hohe Skalierbarkeit und Konnektivität – mit minimaler Latenz und voller Datenhoheit.

Chancen und Herausforderungen bei der Lösungsintegration

Durch Edge Computing ergeben sich für TMT-Unternehmen in Europa zahlreiche Chancen:

  • Neue Erlösquellen: Mit Edge-Diensten können Telekommunikationsanbieter über reine Verbindungsentgelte hinaus Umsatz generieren – etwa indem sie Firmenkunden dezentrale Cloud-Services mit garantiert niedriger Latenz anbieten.
  • Verbessertes Kundenerlebnis: Nahe beim Endnutzer verarbeitete Daten bedeuten schnellere und stabilere Services. Ob ruckelfreies Streaming, verzögerungsfreie Online-Games oder reaktionsschnelle vernetzte Fahrzeuge – Edge Computing sorgt für eine bessere User Experience.
  • Datensouveränität & Compliance: Weil Daten am Entstehungsort verbleiben, lassen sich nationale und europäische Datenschutzgesetze leichter einhalten. Sensible Informationen verlassen das eigene Netz oder Land nicht.

Allerdings stehen Unternehmen auch vor einigen Herausforderungen:

  • Hohe Investitionen & Komplexität: Der Aufbau verteilter Edge-Infrastrukturen (Hardware, Software, Mikro-Rechenzentren vor Ort) erfordert hohe Kosten. Die Integration in bestehende IT- und Netzwerklandschaften ist komplex und der Return on Invest unklar.
  • Fragmentierung & Standards: Das Edge-Ökosystem ist noch zersplittert. Unterschiedliche Ansätze der Telko- und Cloud-Anbieter konkurrieren, während einheitliche Standards fehlen. Das erschwert die Interoperabilität.
  • Konkurrenz durch Hyperscaler: Große Cloud-Provider drängen mit eigenen Edge-Angeboten auf den Markt und kooperieren mit Netzbetreibern. Europäische Anbieter laufen Gefahr, zur „Daten-Pipeline“ zu werden, wenn sie keine eigenen Mehrwertdienste entwickeln.

Mobile Edge Computing als Treiber für 5G und neue Geschäftsmodelle:

Mobile Edge Computing (MEC) – auch Multi-access Edge Computing – verlagert Cloud-Funktionen direkt ins Mobilfunknetz. Für 5G ist MEC ein entscheidender Hebel, um geringe Latenzen zu erreichen und neue Services zu ermöglichen.

Auch in Europa investieren Netzbetreiber in MEC: So betreibt beispielsweise Vodafone gemeinsam mit AWS verteilte Edge-Cloud-Zonen in mehreren 5G-Netzen. MEC verschiebt Rechenlast an die Netzperipherie und eliminiert die Latenz, die durch lange Transportwege zu entfernten Rechenzentren entsteht. Damit sind Verzögerungen von nur wenigen Millisekunden erreichbar – essenziell für Anwendungen wie ferngesteuerte Chirurgie, autonome Fahrzeuge oder industrielle Robotik. MEC macht solche Angebote überhaupt erst praktikabel und eröffnet zugleich neue Geschäftsmodelle.

Netzbetreiber können zusätzlich zur Konnektivität Edge-Cloud-Leistungen anbieten (z. B. für Fabrikautomation, Smart Cities oder immersive Medien). Unternehmen wiederum erhalten nahezu in Echtzeit verfügbare Rechenkapazität vor Ort, um Dienste zu entwickeln, die mit rein zentraler Cloud nicht umsetzbar wären.

Strategische Implikationen: Fazit und Handlungsempfehlung

Edge Computing sollte auf der strategischen Agenda von TMT-Führungskräften ganz oben stehen und als Teil der Gesamtstrategie verstanden werden. Wichtige Fragen sind etwa Make-or-Buy und die Sicherung der Kundenschnittstelle (insbesondere für Telkos). Zudem gilt es, offene Schnittstellen zu fördern, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Edge erfordert auch neue Fähigkeiten – Weiterbildung und eine engere Verzahnung von IT und OT sind entscheidend, um Edge-Projekte erfolgreich umzusetzen.

Edge Computing bietet europäischen TMT-Unternehmen die Chance, eine Vorreiterrolle bei neuen digitalen Geschäftsmodellen einzunehmen. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, sollten Entscheider jetzt aktiv werden. Hier konkrete Handlungsempfehlungen:

  • Pilotprojekte starten: Identifizieren Sie geeignete Anwendungsfälle (z. B. Edge-Analytics in der Produktion oder ein Low-Latency-Service im 5G-Netz) und testen Sie Lösungen im kleinen Maßstab, um den Mehrwert früh zu validieren.
  • Partnerschaften nutzen: Suchen Sie Partner im entstehenden Edge-Ökosystem (z. B. Netzbetreiber, Cloud-Provider oder Edge-Startups) – so gewinnen Sie schneller Know-how und Infrastruktur.
  • Architektur vorbereiten: Entwickeln Sie eine klare Edge-Architektur als Teil Ihrer IT-Strategie und definieren Sie, welche Daten und Anwendungen künftig am Edge statt in der Cloud laufen; integrieren Sie dabei entsprechende Sicherheitsmechanismen (z. B. Verschlüsselung, Zugriffsrechte).
  • Wettbewerb beobachten: Behalten Sie die Strategien der Konkurrenz im Blick – insbesondere die Pläne großer Hyperscaler und Telkos. Nutzen Sie diese Erkenntnisse für Ihre Roadmap, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Jetzt aktiv werden: Nutzen Sie die Vorteile von Edge Computing für Ihr Unternehmen! Wer heute handelt, sichert sich morgen die Pole Position im digitalen Wettbewerb. Sprechen Sie mit unseren Expert:innen – wir beraten Sie gerne bei der Entwicklung und Umsetzung Ihrer Edge-Strategie.

Der Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Louis Yves Charles Punak (Consultant) verfasst.