Am 12. Dezember 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) neue Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise (VWG 2024) veröffentlicht. Angesichts der Neuregelungen durch das Wachstumschancengesetz wurde die finale Fassung mit Spannung erwartet. Das Schreiben enthält einige wichtige Konkretisierungen zur Neuregelung des § 1 Abs. 3d und 3e des Außensteuergesetzes (AStG). Gleichzeitig äußert sich das BMF erstmalig zu Amount B der OECD. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wesentlichen Aspekte der Neuregelungen. Wesentliche Anpassungen haben die Ausführungen in Kapitel J zu Finanzierungsbeziehungen erfahren. Hintergrund sind die mit dem Wachstumschancengesetz eingeführten Neuregelungen zu konzerninternen Finanzierungsbeziehungen und Finanzierungsdienstleistungen.
INHALTE

Änderungen zu Finanzierungsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 3d AStG

Steuerpflichtige müssen für den Abzug von Finanzierungsaufwendungen nunmehr glaubhaft machen, dass sie den Kapitaldienst leisten können (Schuldentragfähigkeitsanalyse) sowie dass die Finanzierung wirtschaftlich benötigt wird und dem Geschäftszweck dient (Geschäftszwecktest). 

Das BMF konkretisiert in seinem Schreiben:

  • Kapitaldienstfähigkeit: Es ist zu prüfen, ob ausreichende Vermögenswerte oder Zahlungsflüsse von Anfang an erwartet wurden. Auch die mit dem Kapital erworbenen Vermögenswerte sind einzubeziehen.
  • Geschäftszweck: Akquisitionsfinanzierungen mit Kapitalpuffern oder das Parken von Einlagen in einem Cash Pool sind zulässig. Eine Darlehensaufnahme zur Gewinnausschüttung ist möglich, wenn sie zur üblichen Ausschüttungspolitik passt.
  • Glaubhaftmachung: Steuerpflichtige müssen die wirtschaftlichen Umstände schlüssig darlegen. Das BMF definiert die Glaubhaftmachung als „überwiegende Wahrscheinlichkeit“.
  • Fremdübliche Zinsen: Der Zinssatz orientiert sich an der Bonität der Unternehmensgruppe, es sei denn, ein anderes (abgeleitetes) Rating entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz.

Das BMF erkennt die Ermittlung des Ratings sowohl durch den Top-Down-Ansatz (Abstufung vom Konzernrating) als auch durch den Bottom-Up-Ansatz (Hochstufung vom Stand-Alone-Rating) an. In jedem Fall muss die Fremdüblichkeit nachvollziehbar sein.

Offene Fragen bezüglich gruppeninterner Finanzierungsdienstleistungen nach § 1 Abs. 3e AStG

Die Vermittlung und Weiterleitung von Finanzierungstransaktionen innerhalb einer Unternehmensgruppe sind grundsätzlich als funktions- und risikoarme Dienstleistungen einzustufen. Dies betrifft in erster Linie Durchleitkredite bzw. Cash-Pool-Strukturen. Eine derartige pauschalierende Sichtweise bei teils sehr spezifischen und risikobehafteten Tätigkeiten ist unseres Erachtens diskussionswürdig, auch wenn das BMF anerkennt, dass funktions- und risikointensivere Profile im Einzelfall nachgewiesen werden können. 

In den VWG 2024 wird auch klargestellt, dass die Bestimmung des Fremdvergleichspreises für die Fremdkapitalüberlassung zwischen nahestehenden Personen grundsätzlich nach der Preisvergleichsmethode zu erfolgen hat. Gleichzeitig führt das BMF aus, dass funktions- und risikoarme Finanzierungsgesellschaften lediglich Anspruch auf eine risikolose Rendite haben. Wird die Kontrolle über Funktionen oder Risiken der Darlehensvergabe von einer anderen Gesellschaft ausgeübt, kann nach OECD-Grundsätzen eine zusätzliche Transaktion vorliegen, deren Vergütung geprüft werden muss.

Einordnung der VWG 2024 in der Anwendungspraxis

Grundsätzlich zu begrüßen ist, dass sich das BMF an den Verrechnungspreisrichtlinien der OECD orientiert. Dies sorgt für mehr Klarheit in der Anwendungspraxis insbesondere im Hinblick auf die Anwendung in anderen Staaten. Das BMF liefert darüber hinaus hilfreiche Konkretisierungen und Eingrenzungen hinsichtlich der Kriterien der Kapitaldienstfähigkeit, des Geschäftszwecktests und der Glaubhaftmachung, welche die Position der Finanzverwaltung bei der Beurteilung der Fremdüblichkeit dem Grunde nach verständlicher machen. Auch die Ausführungen zur Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes, insbesondere die Anerkennung alternativer Ratingmethoden, können in der Praxis helfen.

Gleichzeitig bleiben zentrale Fragen unbeantwortet und es entstehen neue Fragen in der Anwendungspraxis. So ergibt sich kein klares Bild bei der Anwendung der Neuregelungen zu gruppeninternen Finanzierungsdienstleistungen. Zudem bleibt abzuwarten, inwiefern vermeintlich vereinfachende Regelungen wie die Anerkennung des Bundesbankratings bei der Ermittlung des fremdüblichen Zinssatzes tatsächlich zu einer Erleichterung in der Anwendungspraxis führen.

Fazit & Handlungsempfehlung

Die VWG 2024 bieten Unternehmen mehr Klarheit bei der steuerlichen Bewertung von konzerninternen Finanzierungsbeziehungen. Allerdings erfordert die Umsetzung weiterhin eine detaillierte Dokumentation und eine fundierte Begründung der wirtschaftlichen Notwendigkeit von Finanzierungsmaßnahmen.

Weiterführende Informationen & Beratung: Falls Sie Fragen zu den neuen Regelungen haben oder Unterstützung bei der Dokumentation Ihrer Finanzierungsstruktur benötigen, kontaktieren Sie uns gerne!