Nach einer spannenden Wahl steht die Regierungsbildung wohl fest: Die CDU/CSU und die SPD werden voraussichtlich die nächste Bundesregierung stellen. Doch was bedeutet das steuerlich für Familienunternehmen, Family Offices und vermögende Privatpersonen? Wir analysieren auf Grundlage der Wahlprogramme, welche steuerlichen Änderungen Private Clients in der neuen Legislaturperiode erwarten dürften und warum unbedingt die Unternehmens- und Vermögensnachfolge jetzt angegangen werden sollte.
INHALTE

Aktuelle steuerliche Situation ist herausfordernd

Die derzeitige steuerpolitische Situation für Private Clients ist herausfordernd. Deutschland hat eines der komplexesten Steuersysteme weltweit und eine vergleichsweise hohe Steuerbelastung für Private Clients. Zugleich hat der Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich an Attraktivität bei Unternehmern und ausländischen Investoren verloren.

Auch in unserer Praxis sehen wir derzeit, dass aufgrund dieser Situation das Thema "Globale Mobilität" zunehmend an Bedeutung gewinnt und insbesondere Vermögen vermehrt ins Ausland verlagert wird.

Sowohl der CDU/CSU als auch der SPD ist diese wirtschaftspolitische Situation bewusst. Grundsätzlich besteht daher Hoffnung auf einen Weg aus der "Standortkrise".

Aufgrund der oft nahezu gegensätzlich wirkenden steuerpolitischen Positionen dieser beiden Parteien dürften die Koalitionsverhandlungen spannend werden und das finale Ergebnis schwer vorherzusagen sein.

Wesentliche steuerpolitische Positionen

CDU / CSU SPD
Solidaritätszuschlag*

Abschaffung des verbleibenden Solidaritätszuschlags

Der Solidaritätszuschlag soll beibehalten werden.

Vermögenssteuer

Keine Einführung der Vermögenssteuer

Die Vermögenssteuer für sehr hohe Vermögen soll revitalisiert werden. Darüber hinaus wird die Einführung einer international koordinierten Mindeststeuer für Superreiche („Milliardärssteuer“) unterstützt.

Einkommenssteuer
    • Senkung der Einkommensteuerbelastung u.a. durch eine Anpassung der Inflation und eine Abflachung des Einkommensteuertarifs.
    • Der Spitzensteuersatz soll von 42 auf 45 % steigen; der Reichensteuersatz von 45 auf 47 %.
    • Die Möglichkeit einer steuerfreien Veräußerung von Immobilien nach einer zehnjährigen Haltefrist (sog. Spekulationsfrist) soll abgeschafft werden.
    • Kapitaleinkünfte sollen mit dem Einkommensteuertarif versteuert und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.
Unternehmen
    • Unternehmen sollen mit maximal 25 % auf thesaurierte Gewinne besteuert werden.
    • Die Steuersysteme von Kapital- und Personengesellschaften sollen harmonisiert und flexibler gestaltet werden.
    • Die Verlustverrechnung soll verbessert sowie
    • neue Abschreibungsanreize geschaffen werden.
    • Unternehmen sollen nicht durch Steuersenkungen, sondern durch steuerliche Investitionsprämien entlastet werden, die 10 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten betragen.
    • Thesaurierende Personengesellschaften sollen steuerlich begünstigt werden.
    • EU-weite Basiskörperschaftsteuer von 15 % auf einer einheitlichen Bemessungsgrundlage.
Nachfolge
    • Die nächste Generation soll ein Unternehmen weiterführen können. Deshalb sollen Familienunternehmen in der Erbfolge nicht in der Substanz belastet werden und Unternehmensnachfolgen erleichtert werden.
    • Einführung einer "Gesellschaft mit gebundenem Vermögen" insbesondere für Unternehmensnachfolgen.
    • Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Abschaffung der privilegierten Besteuerung großer Unternehmensvermögen und Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen sowie vermögenshaltende Familienstiftungen.
Weitere Themen

Die überbordende Steuerbürokratie soll u.a. durch eine Vereinfachung des Steuerrechts und eine verstärkte Digitalisierung bekämpft werden.

Steuerbürokratie abbauen.

Es sollen attraktive steuerliche Bedingungen für Venture Capital geschaffen und Deutschland als führender Startup-Standort etabliert werden.

Transparenzregister soll der Zivilgesellschaft zugänglich gemacht werden.

Vermögensaufbau soll durch steuerliche Anreize gefördert werden

    • Aufbau und Stärkung einer Behörde gegen Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Geldwäsche.
    • Einführung einer Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen.

*Hinweis: Das Bundesverfassungsgericht hat angekündigt, am 26. März sein Urteil zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags zu verkünden. Dieses Urteil könnte maßgeblichen Einfluss auf die laufenden Verhandlungen haben.

Höhere steuerliche private Belastung; steuerliche Entlastung für Unternehmen

Es zeichnet sich ab, dass insbesondere hohes Einkommen und große Vermögen stärker steuerlich belastet werden, während Unternehmen steuerlich entlastet werden könnten. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie genau diese Entlastungen umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund des derzeitigen globalen Steuerwettbewerbs, vorwiegend mit Blick auf das derzeitige Geschehen in den USA sowie der wirtschaftlichen Situation Deutschlands ist nicht auszuschließen, dass sowohl pauschale Steuersenkungen als auch Investitionsprämien in Betracht zu ziehen sind.

Positiv hervorzuheben ist, dass sich die Parteien offenbar einig sind, dass eine steuerliche Gleichstellung von Kapital- und Personengesellschaften erforderlich ist, was auf eine mögliche (sogar steuersystematisch gebotene) Angleichung hindeutet.

Abschaffung der Spekulationsfrist für Grundbesitz 

Die bereits mehrfach diskutierte Spekulationsfrist für Grundbesitz wird voraussichtlich mit dieser Legislaturperiode ihr Ende finden. Hierfür sprechen sich speziell prominente Stimmen in der steuerlichen Fachliteratur aus.

Änderungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer 

Bereits jetzt dürfte feststehen, dass es zu Änderungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer kommen wird, vornehmlich im Hinblick auf die Betriebsvermögensverschonung. Es bleibt abzuwarten, wie genau diese ausgestaltet werden wird.

Im Rahmen der Verhandlungen dürfte dabei sicherlich von Bedeutung sein, dass die Wirtschaftsweisen darauf verweisen, dass eine Steuerbefreiung von Betriebsvermögen ökonomisch nicht geboten ist.

Weiterhin dürfte von Bedeutung sein, dass die Betriebsvermögensverschonung derzeit (erneut) auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand steht.

Änderung der Kapitalertragsbesteuerung unwahrscheinlich 

Bei einer Besteuerung von Kapitaleinkünften mit dem progressiven Einkommensteuertarif wäre Deutschland im internationalen Kapitalwettbewerb voraussichtlich nicht mehr wettbewerbsfähig und die Kapitalflucht würde weiter zunehmen, was wiederum erhebliche negative Einflüsse auf die Wirtschaft haben sollte. Vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation erscheint eine Änderung der Kapitalertragsbesteuerung hin zum progressiven Einkommensteuertarif daher unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass die Bürger bestraft würden, welche sich bei der – ohnehin schon geringen gesetzlichen Rente – eine private, kapitalanlagenbasierte, Rente geschaffen haben.

Einführung einer Vermögenssteuer unwahrscheinlich 

Verfassungsrechtlich ist eine Wiederbelebung der Vermögenssteuer zwar möglich, jedoch wäre der damit verbundene Verwaltungsaufwand für die regelmäßige Neubewertung des Vermögens erheblich und stünde möglicherweise in keinem Verhältnis zu den potenziellen Steuereinnahmen. Hinzukommen müsste ein gewisser Ausgleich auch im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer, um eine verfassungsrechtlich nur schwer haltbare effektive Doppelbesteuerung von Vermögen zu vermeiden.

Einführung einer globalen Mindeststeuer unwahrscheinlich 

Vor dem Hintergrund des von der neuen US-Regierung bereits angekündigten Ausstiegs aus der globalen Mindestbesteuerung für Unternehmen scheint die Einführung einer globalen Mindeststeuer für Superreiche eher in weiter Ferne. Hinzu kommt: Es ist fraglich, wie diese ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand in unser Steuersystem integriert werden sollte.

Öffnung des Transparenzregisters eher unwahrscheinlich

Die öffentliche Zugänglichmachung des Transparenzregisters scheint aufgrund der gegenläufigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wenig wahrscheinlich.

Ein Licht am Horizont: Abbau von Steuerbürokratie

Positiv hervorzuheben ist, dass beide Parteien für den Abbau von Steuerbürokratie eintreten. Allerdings stehen einige Pläne der SPD, wie die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen sowie die Stärkung einer Behörde zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, diesem Ziel potenziell entgegen.

Jetzt Vermögensnachfolge angehen!

Es ist dringend ratsam, sich bereits jetzt mit dem Thema Unternehmens- und Vermögensnachfolge auseinanderzusetzen, um möglicherweise noch von den derzeitigen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen zu profitieren. Weitere konkrete Handlungsempfehlungen lassen sich voraussichtlich nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen ableiten.

Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihr Vermögen optimal zu schützen und zukunftssicher zu gestalten.