Der BFH klärt die Anforderungen an das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen in Fällen des Durchgangserwerbs unter Beteiligung einer Stadt durch unionrechtskonforme Auslegung des §1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Das Urteil ist für Kommunen interessant, insbesondere, wenn sie mit Netzübernahmen und Versorgerwechseln befasst sind.
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In dem vom BFH zu entscheidenden Streitfall (BFH, Urteil vom 25.09.2024 – Aktenzeichen XI R 19/22) erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Wasserversorgungsanlagen vom bisherigen Versorger zurück und überträgt diese unmittelbar an den neuen Versorger. Bei Beendigung des neuen Vertrages besteht die Verpflichtung, die Wasserversorgungsanlagen erneut an die Stadt zu übertragen. Streitig ist, ob die Stadt im Rahmen des Durchgangserwerbs umsatzsteuerlicher Unternehmer ist. Hilfsweise wurde geltend gemacht, der Vorgang sei als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen in Form eines Durchgangserwerbs einzuordnen. 

Der BFH stellt klar:

  1. Erwirbt eine Stadt im Rahmen des Wechsels des Wasserversorgers die Wasserversorgungsanlagen vom alten Versorger zurück und liefert sie die Wasserversorgungsanlagen unmittelbar an den neuen Versorger mit der Verpflichtung weiter, sie bei Beendigung des neuen Vertrags von ihm erneut zurückzuerwerben, handelt sie nachhaltig und damit als umsatzsteuerlicher Unternehmer. Im Rahmen des § 2 Abs. 3 UStG a.F. sieht die Finanzverwaltung dies bekanntlich noch anders, es sei denn, die juristische Person öffentlichen Rechts wendet die Regeln des § 2b UStG bereits an.

  2. Soweit die Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgen muss, reicht es in Fällen des zulässigen Durchgangserwerbs aus, dass diese Voraussetzungen beim Letzterwerber (Begünstigten) vorliegen. Damit kommt es in diesen Fällen nicht darauf an, ob der Zwischenerwerber umsatzsteuerlicher Unternehmer ist. 

Ziel des BFH: Keine Umsatzsteuer auf die Umsatzsteuer

Das Ziel des BFH ist es, die Umsatzsteuer auf die Umsatzsteuer zu vermeiden: Da die Lieferung eines nichtunternehmerischen Zwischenerwerbers (hier aus Sicht des Finanzamts und Finanzgerichts: der Stadt) an den Letzterwerber (hier: der neue Versorger) kein steuerbarer Umsatz wäre, wäre seine Belastung mit der auf ihn abgewälzten Umsatzsteuer definitiv. Er müsste folglich die nicht als Vorsteuer abziehbare, auf ihn abgewälzte Umsatzsteuer der Lieferung des alten Versorgers an die Stadt auf die Kosten der Wasserlieferung aufschlagen und die Umsatzsteuer damit auf die Wasserkunden weiter abwälzen, so dass (von den Wasserkunden zu tragende) Umsatzsteuer auf (die vom neuen Versorger wirtschaftlich getragene, aber nicht als Vorsteuer abziehbare) Umsatzsteuer entstünde.

Was heißt das für die Praxis?

Das Urteil ist für Kommunen interessant, insbesondere dann, wenn sie mit Netzübernahmen und Versorgerwechsel befasst sind. Der BFH zeigt einen zugegebenermaßen vom Ziel „keine Umsatzsteuer auf die Umsatzsteuer“ geprägten Weg bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen auf, bei dem die Frage der Unternehmereigenschaft der Kommune dahinstehen kann. Noch ist das Urteil allerdings nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und damit nicht allgemein anwendbar.